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Protest The Hero, Long Distance Calling, Blood Command, Uneven Structure   16.03.2012   Leipzig, Conne Island
von js

Das Conne Island ist eine von zahlreichen Leipziger Konzertadressen. Es ist die Nummer-1-Anlaufstelle, um eine exzellente, besonders alternative Abendgestaltung durchzusetzen. Dies mag nicht zuletzt daran liegen, dass gewisse Sympathien gegenüber der ANTIFA hier offensichtlich sind. Dies mag einigen zwar vielleicht aufstoßen und objektiv gesehen auch grenzwertig sein, jedoch soll dieser Aspekt nicht Inhalt dieses Artikels werden. Fakt ist, dass dieser kleinräumige, abgefuckt wirkende, dennoch aber sympathische Schuppen eine liebenswerte und alternative Atmosphäre, der man gerne beiwohnt, erzeugt. Dazu passend treten immer wieder Bands auf, die sich mit dem Image der Lokalität einwandfrei identifizieren können.

Uneven Structure  Uneven Structure
Uneven Structure. Progressiver Metal wird hier zum Besten gegeben und bildete einen willkommenen Einstieg in den Abend. Die französischen Musiker sind 2008 in diese Sparte hinein geboren. Sänger Matthieu Romarin, die drei Gitarristen Aurélien Pereira, Jérôme Colombelli und Igor Ormodei, Bassist Benoit Friedrich und Drummer Christian Schreil aus Metz-Montpellier-St-Etienne widmen sich den sperrigen Sounds. Sie hatten leider wie so oft den Nachteil, die erste Band des Abends zu sein: Sie erreichten es leider nicht, das Publikum dermaßen anzuschnurren, dass der gewünschte Effekt einer pogenden und mitreißenden Crowd hätte erreicht werden können. Besonders wurde das in dem Punkt ersichtlich, dass es den sechs Jungs nicht gelang, der Spannungskurve in ihren Songs hohen Ausdruck zu verleihen. Mehr als ein Kopfwackeln im Takt war als bewegungsreichste Reaktion des Publikums nicht drin. Besonders positiv anzumerken war der permanente Wechsel von Shredding und Growling sowie Clean Vocals. Das bildete eine abgerundete Mischung an aussagekräftigen musikalischen Tönen. Matthieu Romarin gelang es, beim Growlen sowie beim Singen eine nennenswerte Abgrenzung zu schaffen. So bleibt das Gehör weniger beim Stil als vielmehr bei der Dramaturgie des Repertoires hängen, was ein wenig schade ist. Souverän, aber gleichförmig, regressiv und über sehr kurze Strecken langatmig, werden sie ihrem Namen trotzdem auf jeden Fall gerecht.

Blood Command  Blood Command

Blood Command  Blood Command
Blood Command. Mit einer geballten Mischung aus Folk und Hardcore bildeten sie anschließend den augenscheinlichen und ohrenbetäubenden Gegenpart. Sängerin Silje Trombe ist eine außergewöhnliche kleine, aber besonders ansehnliche Frau, die ein Beispiel dafür ist, dass Hardcore keine reine Männerdomäne ist. Im ersten Moment glaubt man kaum, dass das Gehörte aus dieser zarten Person heraussprudelt. Sie kreischt ihre Liedtexte dermaßen runter, dass man das Gefühl hat, Madame hätte ihre neuen Schuhsohlen über eine Maus gezogen. Diese zarte Stimme, die zu solcher gesanglichen Brutalität missbraucht wird, hätte einer Frau zugeschrieben werden können, die dazu bestimmt ist, Kinderbücher vorzulesen. Im Laufe des Konzertes gewöhnte man sich jedoch an die gesangliche Leistung, welche von den anderen Mitgliedern der Band Sigurd Haakaas, Yngve Andersen, Sjalg Otto Unnison und Simon Oliver Økland ausgezeichnet untermalt wurde. Es fruchtet der Ruf der Band, dass sie von Publikum und Presse als herausragende Newcomer des norwegischen Rock-Himmels gepriesen werden.

Long Distance Calling  Long Distance Calling
Long Distance Calling ist eine deutsche Band, mit der ich mich absolut nicht anfreunden konnte. Wer weiß, aus welchen Winkeln des härteren Mikrokosmos diese Band stammt, aber aus meiner Sicht, waren sie für diesen Abend absolut ungeeignet. Klar, mit ihren melodiösen Songs ohne Gesang vertreten sie mit dem Epochalcore eine besondere Musikrichtung. David Jordan (Gitarre), Janosch Rathmer (Drums), Florian Füntmann (Gitarre), Jan Hoffmann (Bass) und Reimut van Bonn (Ambience) haben die Vision, einen Sound zu schaffen, wie man ihn so vielleicht noch gar nicht kennt und welcher noch weitgehend ungespielt ist. Die epischen Instrumental-Hymnen mögen ja gewaltig, gewichtig und niederwalzend sein, aber ich bin wahrscheinlich in der Hinsicht fast die einzige, die den Auftritt mit Abstand so langweilig fand, dass ich beim dritten Song aufgehört habe auf die Band zu achten. Denn beim langweiligen und unförmigen Spielen von Instrumenten gibt es einfach nicht mehr zu sagen. Einige Besucher mögen das anders empfunden haben, aber das trifft wahrscheinlich wieder auf die 10 Prozent zu, die einen außergewöhnlichen Musikgeschmack an den Tag legen.

Protest The Hero  Protest The Hero

Protest The Hero  Protest The Hero

Protest The Hero  Protest The Hero
Das Konzert von Protest The Hero hingegen war mit Abstand eines der besten! Es verdient definitiv den Stempel mit Aufdruck: MEGA! Wenn man die Stimme des Sängers Rody auf der CD gewohnt ist, kann man nicht verstehen, dass der Sound und vor allem das Mikro am Anfang des Konzertes viel zu soft eingestellt waren und somit der unvergleichliche Ohrenschmaus erst einmal ausblieb. Zum Glück verbesserte sich dies noch im Laufe des Auftritts. Stücke wie "Hair-Trigger" und "Dunsel" waren eindrucksvolle Highlights. Doch auch die anderen Lieder bewegten das mittlerweile aufgeheizte Publikum zum ausgiebigen Mitsingen, Pogen und Crowd Surfing. Auch wenn das kanadische Quintett etwas abgeranzt aussieht, Witze wurden trotzdem mit dem Publikum gerissen - dann auch gern mal über 10 Minuten. Das vermittelte den Eindruck eines sehr schnelllebigen Konzerts, das man sich nur allzu gern zurück wünscht. Man mutiert quasi zum notorischen Nimmersatt. Diese Band wird wohl in den nächsten Jahren auf den etwas größeren Bühnen, hoffentlich auch auf einigen Festivals, noch für sommerliche Stimmung und gute Laune sowie Furore sorgen. Bleibt abzuwarten, ob der musikalische Hammer noch flächendeckend einschlägt.

Fotos: Peter Frommann



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