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Alesana, We Came As Romans, iwrestledabearonce, Glamour Of The Kill   23.01.2012   Berlin, C-Club
von js

Allgemein betrachtet und um den ehemaligen Columbia Club in die Mangel zu nehmen, kann man im Nachhinein feststellen, dass der Abend das Publikum massivsterweise flachgelegt hat. Man spreche von einem koketten Hochgenuss aus einer Mischung verfluchten, rauchigen Hintergrundimages und einer geballten Ladung musikalischer Brutalität. Der Club mit seinem seltsam pissigen Geruch sollte sich das ansässige Facility Management zu Herzen nehmen. Aber dafür passt es ins Image der vertretenden Interpreten. Das Publikum trug den Stempel mit dem Durchschnittsalter von 15 auf der Stirn. Sogar Neunjährige wurden dort gesichtet. Sollte man nun stutzig werden? Die bekannte Emopalette wurde jedoch deutlich verfehlt, sodass das Publikum nicht 100% nachzuvollziehen war. Aber über Geschmack soll man sich bekanntlich nicht streiten. Es gab insgesamt 10 Funkempfänger, die die Frage nach dem Warum aufkommen ließen, da diese normalerweise nicht so zahlreich vertreten sind und das auch nicht notwendig ist. Das Aufgebot an Verstärkern ist anzahlmäßig überdimensioniert für einen derart kleinen Raum. Die Schallgrenze wurde definitiv bis zum Limit ausgereizt. Das Traversensystem fiel zusätzlich noch ins Auge, da es nicht ordnungsgemäß befestigt war. Aber im Großen und Ganzen ist der Club recht passabel.
Leider durfte ich nicht in den Genuss von Glamour Of The Kill kommen, weil der Konzertbeginneine halbe Stunde vorverlegt wurde. Zudem ist mir der Verkehr mal wieder in die Quere gekommen.

Iwrestledabearonce  Iwrestledabearonce

Iwrestledabearonce
Iwrestledabearonce mit einer Frau als Sängerin, die verdammt noch mal schreien kann, als hätte sie seit ihrem Kindesalter nichts anderes getan, erfreuen sich im Publikum bereits nach kürzester Zeit sehr hoher Anerkennung. Akustisch ist die Band einwandfrei. Ihre Performance strahlt ungeachtete Schönheit aus, was nur als anmutig im Auge des Betrachters ankommen kann. Der Schlagzeuger beweist sich durch seine extravaganten Trommelschläge wieder mal als Meister, die Riffs lassen eine reichhaltige Höchstleistung im Kontrast zu der gesanglichen Leistung bestätigen, was mich nur zu der Erkenntnis bringt, dass diese Leutchen live ein reinstes Klangerlebnis für die Ohren erzeugen, obwohl auf der Platte manche Geschmäcker wohl nicht angesprochen werden können. Das bedauerlicherweise verfrühte Ende hält die Sängerin nicht davon ab, noch mal ein Crowdsurfen für sich und die tosende Menge zu bestimmen, was die meisten Gemüter definitiv befriedigt und den Durst nach mehr für fünf Minuten gestillt haben dürfte. Sie ziehen ihre Show durch, machen bekanntlicherweise ihr Ding, agieren jedoch kaum mit dem Publikum. Man spricht bei dieser Band nichtsdestotrotz von einer kulinarischen Vielfalt des Repertoires. Ein bisschen Pferdegewirr kann dann aber doch nicht zurückgehalten werden, worauf die Menge aber natürlich weiterhin abgeht wie Schmidts Katze. Die eingebauten Country-Elemente der Gitarre untermalen die klangliche Vielfalt der Metalcoreband. Die Sängerin grölt klangliche Striemen ins Fleisch des Gehörs. Aber Hauptsache, man erweist dem Publikum mit einem schönen Spucken in die Menge seinen Respekt. Auch wenn nicht gepogt wird, Stagediving ist wenigstens mit zu verzeichnen. Das kleine Konzert bringt das Eis zum Schmelzen. Kaum jemals habe ich eine solche Vorband erlebt. Die Gestiken untermalen symbiotischerweise ebenfalls den grandiosen Auftritt, sodass selbst ein imaginäres Gitarrewegheizen zum Schluss die Augen staunen lässt.

We Came As Romans  We Came As Romans

We Came As Romans  We Came As Romans

We Came As Romans  We Came As Romans
We Came As Romans gehen ordentlich ab. Sie sind in ihren jungen Jahren noch sehr euphorisch und übereifrig. Der Clearsänger ist ganz schön schmächtig - das steht jedoch kontrastbezogen zum harten Shouter, der ein T-Shirt mit der perfekten Aussage trägt: "I Love Boobies". Die Rocker müssen anscheinend in der heutigen Zeit vermitteln, was sie doch schließlich für Draufgänger sind um ernst genommen zu werden. Sie bringen Menge und Gemüter zum Toben. Die eingebaute Bühnenpositionsfluktuation bringt die entsprechende Dynamik. Sie stehen nicht still da wie kleine gehorsame Zinnsoldaten. Der Sänger vermittelt den reinen Kampfgedanken, um den Einfluss auf das junge Publikum zu stärken. Man müsse für seine Ideale kämpfen und sich von der Ungerechtigkeit des Lebens nicht unterbuttern lassen. Und das lässt auch die Mädchenherzen höher schlagen. Die Musiker zeigen, dass sie ihr Publikum lieben und schon sieht man nach kurzer Zeit, dass die jugendliche Audienz zum Pogen bereit ist. Das Keyboard ist mit dabei, denn das ist schließlich mit eines der bekanntesten Erkennungsmerkmale der Jungs, weil die Lieder durch und durch davon geprägt sind. Jedoch sind viele Melodien nur eingespielt und alle Jungs spielen die üblichen Verdächtigen: Der Sänger zeigt noch mal schön, dass er auch Gitarre spielen kann, und greift aktiv mit ein, um den Krawall gebührend zu unterstützen. Die Live-Riffs sind der unglaubliche Burner. Wenigstens können die Jungs in den jungen Jahren bereits Gitarre spielen, und die Stimme wurde nicht im Studio aufgepimpt. Ein melodischer Ausklang vollendet den abgerundeten und in sich stimmigen Auftritt. Die Anlage ist in dem Fall jedoch nicht gut eingestellt; ebenfalls der Kompressor der Mikros, sodass die Sprache gleich weg ist, sobald reingesprochen wird. Die Mikros sind schlicht und ergreifend zu leise und dadurch auch die Sprache zu undeutlich. Das wird dann wieder durch - funny funky music - eine recht witzige, beatlastige melodische Pause überbrückt. Sie präsentieren fast durchweg ihr neues Album. Man merkt ihnen allerdings an, dass sie was auf sich halten. Sie wissen und denken, sie sind was, sie können was. Man sollte darauf achten, dass es nicht in zu immense Arroganz ausartet. Iwrestledabearonce hat man bestimmt ernster genommen, da diese nicht so ein Kinderspektakel abgezogen haben. So erfüllen WCAR leider teilweise das Emo-Klischee, was ich mir anfangs anders vorgestellt hatte. Der Abschluss ist dann doch recht abrupt und bildet den einzigen kleinen Makel.

Alesana  Alesana

Alesana  Alesana

Alesana  Alesana
Kommen wir nun zur kläglichsten Ausbeute des Abends: Alesana. Das Gruselkabinett hatte aufgemacht und zur Rocky Horror Picture Show eingeladen. Der Sänger benimmt sich wie ein nicht sozialer Mensch, vom Aussehen wollen wir gar nicht erst anfangen, aber das ist bekanntlich das Bier jedes einzelnen. Er sieht leider einfach nur etwas runtergekommen aus, kein Idealbild für solche jungen Spunde im Publikum. Vermummt mit einer Bandana und einem Cappy. Bereits auf der Platte erkennt man viele Rhythmusbrüche, aber live kommt das meiner Ansicht nach nicht gut rüber. Der Clearsänger und gleichzeitig Gitarrist, geschminkt und mit gefärbtem Haar, könnte sich mit dem Sänger von Caliban zusammen tun. Live wirken sie ganz anders als erwartet, was einer Band ja manchmal auch zum Vorteil gereichen kann. Aber in diesem Fall bin ich, persönlich zumindest, recht enttäuscht. Der Sänger watschelt auf der Bühne etwas mit Hüftschwung hin und her und verfällt augenblicklich in kranke Obsession - gut zu erkennen durch seine Gesichtsmuskulatur. Obwohl sein Blick auch das gewisse Etwas von dem Sänger von Papa Roach, Jacoby Shaddix, hat. Der Shouter zuckt, als würde er gleich in ein komatöses Delirium verfallen, aber das verleiht der Band wohl auf diese Art eine gewisse Ausdrucksweise. Sie strahlen brutale Emotion auf der Bühne aus und dabei lassen sie Elemente des Punk einfließen. Sie verbreiten ordentlich schmetternden Terror beim Publikum. Das Stagediving ist bereits Standardaktion. Aber hauptsächlich, wenn man denn von Spielweise und dem Repertoire ausgeht, ist die Band eher monoton veranlagt. Ich glaube, nur Insider erkennen den Facettenreichtum. Der Gitarrist hat sich jedoch eine ins Auge fallende Gitarre anfertigen lassen. Zusammenfassend hierzu, wie man zum Abschluss sagen kann: The kids love it. Die Band ist im Großen und Ganzen ganz passabel.

Fotos: Uwe Burckhardt



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