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Portugal: The Man, Steaming Satellites   25.11.2011   Berlin, Postbahnhof
von CSB

Manchmal kommt man als Rezensent in den Genuss, sich Bands anzusehen, von denen man nur glaubt, sie könnten einem gefallen. Und so ereignete es sich, dass mir die Steaming Satellites als sehr hoffnungsvoller Newcomer angetragen wurden, die auch im Berliner Postbahnhof sicher eine gute Figur machen würden. Aus den verfügbaren Youtube-Videos wurde ich auch nicht wirklich schlau, also hin und mal ganz unvoreingenommen zugehört! Am Einlass Menschenmassen, ausverkauft! Die Hauptband Portugal: The Man scheinen 'ne richtig große Nummer zu sein. Ich muss mein proglastiges Spektrum deutlich erweitern, dann geht sowas in Zukunft auch nicht mehr an mir vorbei ...
Als ich mich mit meinen Begleitern durch die Massen in den äußert geräumigen Postbahnhof endlich durchgekämpft habe, sind die Steaming Satellites schon voll zu Gange. Das Info macht große Wellen und schlägt Vergleiche mit Led Zeppelin, Pink Floyd und Dylan vor. Ob man der Band damit nun einen Gefallen tut, mag man bezweifeln. Fakt ist, ihre musikalischen Ursprünge haben die Salzburger definitiv in den 70ern, reichern ihren Sound aber mit mal mehr, mal weniger dezent spacigen Elektroelementen, verzerrten Vocals und treibenden Indie-Beats an, was dann wohl am ehesten einer modernen, alternativen Rockband entspricht. Und einer Band, die ihr Bühnenhandwerk versteht und sofort einen Draht zum Publikum aufbaut. Vor allem der charismatische und kraftvolle Sänger Max Borchardt macht richtig Eindruck und bereichert die Songs mit eingängigen, aber nie kitschigen Hooklines, die auch im Falsett blendend funktionieren. Den Steaming Satellites gelingt, was den folgenden Portugal: The Man ein wenig abgeht: das Erschaffen einer atmosphärischen Dichte, eines Bannes, den auch die Psychedelic-Bands der 70er nicht besser hingekriegt hätten. Leider ist der Spuk nach einer knappen halben Stunde schon wieder vorbei - schade! Und jetzt besorg' ich mir das Album und kann das nächste Mal hoffentlich ein bisschen profunder berichten. ;-)

Portugal: The Man  Portugal: The Man
Nach einer angenehm kurzen Umbaupause folgen Portugal: The Man, die schon sowas wie eine Institution im Indie-Rock darstellen und sich offenbar permanent auf Tour befinden. Anders lassen sich 800 Gigs in sechs Jahren seit der Gründung in Alaska kaum erklären. Die Bühne ist sphärisch mit lauter runden Leuchten geschmückt, die sich je nach Songstimmung farblich anpassen - schöner Effekt! Das aktuelle Album "In The Mountain Of Clouds" hat sogar den Sprung zum Major Atlantic geschafft und schlug in der Szene ein wie eine Bombe. Die überwiegende Zahl der Rezensenten spricht vom melodischsten und mitreißendsten Album des Jahres. Ein Eindruck, der sich mir zumindest live nicht bestätigen kann. Melodisch ist sie ja, die Band mit dem abgefahrenen Bandnamen, aber mitreißen kann sie an diesem Abend viel weniger als die phänomenale Vorband. Die Elemente sind im Prinzip ähnlich: verschrobene Songstrukturen, sphärische Synthies, moderne Beats, eingängige Hooks mit Falsett - eine postmoderne Rockband eben! Und doch ist hier vieles deutlich poppiger, es fehlt an Dichte, an Atmosphäre. Dabei findet sich im Set immer mal ein Lichtblick, der genau diesen Anspruch erfüllt, doch immer wenn's gerade spannend wird, wenn die Pseudo-Portugiesen die Intensität steigern, folgt wieder ein allzu poppiger Downer oder gar eine Coverversion. Tiefpunkt ist sicherlich "Don't Look Back In Anger" (Oasis), während sich "All The Young Dudes" (Mott the Hoople) zumindest wunderbar mitträllern lässt ... Aber man soll nicht unfair sein, die Band ist nur meine Baustelle nicht. Den ca. 800 Anwesenden scheint's zu gefallen und man feiert die Band entsprechend ab. Allerdings wäre sicher noch viel mehr drin gewesen, wenn Portugal: The Man nicht bis auf ein paar kurze Worte am Ende auf jegliche Publikumskommunikation verzichtet hätten. Unterm Strich eine professionelle, aber eben auch recht unterkühlte Performance einer Band, die mich nicht überzeugen konnte. Da halte ich's fortan lieber mit den Steaming Satellites.



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