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Arena Of Pop   09.07.2011   Mannheim, Ehrenhof Schloss
von gl

Der Flyer zur Veranstaltung
Das kostenlose Festival in Mannheim, die größte Musik-Veranstaltung in Baden-Württemberg, ist ein logistischer Kraftakt sondergleichen, da die halbe Innenstadt gesperrt und ein dementsprechender Aufwand betrieben wird. Deswegen findet es auch nur alle zwei Jahre statt. Nachdem der Fehler des überfüllten Innenhofes 2007 im Jahre 2009 ausgebügelt wurde, kann gleich vorweg genommen werden, dass das Sicherheitskonzept auch 2011 voll aufging. Von allen Seiten (Polizei, Sicherheitskräfte, Bürgermeister) wurde nur Lob gegenüber dem Veranstalter Radio Regenbogen ausgesprochen und ohne jetzt nachzuplappern - ich kenne mich in der Organisation von Konzerten ein klein wenig aus - kann ich dies nur bestätigen. Außer ggf. zu wenig Klohäuschen für die Damen fiel mir kein Schwachpunkt in der überaus durchdachten Organisation auf. Für Auswärtige: Neben den zwei Nebenbühnen finden die (Haupt-) Konzerte im Ehrenhof des Mannheimer Schlosses statt - jener wird ab einer Anzahl von 15.000 Menschen gesperrt, wobei der größere Anteil an Zuschauern bzw. Zuhörern demzufolge hauptsächlich auf die außerhalb positionierten Großleinwände schaut.

Zu Beginn noch mit Jäckchen: Alina von Frida Gold  Alina Süggeler / FRIDA GOLD

FRIDA GOLD in Aktion  DA hinten regnet's leider auch ...
Das Spektakel fing für mich mit der Band Frida Gold an: Trotz Regen konnte die Band bzw. vor allem ihr absoluter Blickfang Sängerin Alina Süggeler die Massen begeistern mit ihrem Elektro-Pop mit Disco-Schlagseite. Klar, sicher zieht hier einmal mehr das Motto "Sex sells", wobei sich die auch im Model-Bereich versierte Alina jedoch nicht billig präsentierte, sondern in ihrer interessanten Mischung aus Sneakers, erotischer Strumpfhose, einem knappen Top und darüber zunächst einem roten Wollpullover (!) diverse hektische Rempler unter der nervösen Fotografenmeute auslöste! Das Wichtigste jedoch: Ihre schon jetzt mehr als nur kleinen Hits präsentierte die Band frisch und souverän, was nicht nur für "Wovon sollen wir träumen" galt. Als Band hat man wohl die erste imaginäre Hürde geschafft, wenn beim Auftritt die Fotografenorder "Nur die ersten drei Songs" und nicht "Alles" lautet! Ich prophezeie der Band und vor allem ihrer Sängerin, die sich jetzt schon wie ein Star bewegt, eine erfolgreiche Zukunft und bin mir fast sicher, dass ihr Album "Juwel" nur der Anfang ist.

Lokalmatador: Laith Al-Deen  Der Mannheimer und seine Band in der Totalen

Laith Al-Deen  Die imposante 53 Meter breite Bühne
Laith Al-Deen konnte zu Fuß "anreisen", denn für den Lokalmatadoren bedeutete der Auftritt ein willkommenes Heimspiel in ungewohnt großem Rahmen. Seit 11 Jahren dabei, mit vier vergoldeten Alben im Gepäck, boten Laith und seine versierte Backing-Band einen gelungenen Streifzug durch die Karriere. "Bilder von Dir" und "Dein Lied" kennt ja wohl jeder und aus persönlicher Erfahrung kann ich berichten, dass er ein freundlicher, keineswegs abgehobener Künstler ist, was im übrigen auch die Gewinner der Meet&Greets berichteten.

Bei dieser strahlenden Vorfreude MUSS doch einfach die Sonne aufgehen!!  Und da sind sie auch schon, die Finnen SUNRISE AVENUE um Sunnyboy Samu Haber

Sunrise-Bass  Avenue-Drums

Gigantische Bühne  DOORS-Fan oder was?
Und da kommen sie auch schon, die Finnen von Sunrise Avenue, das skandinavische Pop-Rock-Wunder. 2006 legten sie einen Traumstart hin, "Fairytale Gone Bad" schlug gleich voll ein und wurde einer der großen Radio-Hits des Jahres (und läuft bis heute ...). Obwohl die Band bereits mindestens 4mal in Mannheim spielte, sehe ich sie mir heute zum ersten Mal an. Auch wenn man den Eindruck nicht los wird, dass dies eine auf Sänger, Rhythmus-Gitarrist und Songschreiber Samu Haber zugeschnittene Show ist (er ist auch den anderen vorangestellt auf dem aktuellen Foto ...), so startet die Band doch recht heavy und überzeugend in ihren Set. Das Quartett aus Helsinki, mittlerweile verstärkt durch ihren Produzenten am Keyboard macht alles richtig, bis es ein Medley startet, in dem sie wohl Deutschland huldigen wollen und dort "The Power" von Snap und "Wind Of Change" von den Scorpions verwursten - etwas krude, leider schlecht gemacht und anbiedernd wirkend. Aber das stört keinen der jubelnden Teenies, die mit Schildern zum Wedeln (siehe Foto) oder anderen Dingen wie Leuchtstäbchen ausgestattet wurden. Mit ihrem aktuellen Hit "Hollywood Hills" knüpfen die Finnen an ihren ersten Erfolg an, denn der läuft ähnlich gut. Insgesamt dennoch eine spritzige Performance.

Yeah, jetzt geht's ab: Der Chef wie so oft mit geschlossenen Augen  ZWEI Bier auf die Bühne bitte für die Herren in Weiß: ...

... nämlich Kelly Hansen und Mick Jones!  Allzweckwaffe Tom Gimbel

Kelly Hansen, Germany, Summer 2011  Rock'n'Roll Live-Animal Jeff Pilson

Und einmal in der Totalen  Fassadenkletterer Kelly Hansen
Der Veranstalter hat sich taktisch Zeit gelassen und Foreigner sehr kurzfristig zwei Wochen vorher erst bestätigt. Sie dürften aber wohl der Grund sein, dass man in dem total festival-untypischen Publikum zumindest den einen oder anderen Rock-Interessierten vorfindet, wenn auch, was nun wirklich äußerst skurril ist, so gut wie keinerlei Band-Shirts zu erspähen sind! (Das ist bei Festivals, wo die Leute bezahlen müssen, ja genau umgekehrt!) Foreigner haben heute nur eine Stunde, also fällt auch das einzige neue Lied "Can't Slow Down" weg und es gibt 'ne pure Best-Of -80ies-Show. Hatte mich die Truppe schon zwei Wochen zuvor auf der Loreley überzeugt, ist das heute nicht anders und das Sextett rockt überzeugend die Kurpfalz. Kelly Hansen ist aber auch ein genialer Frontman, ganz Rockstar der alten Schule mit Sonnenbrille, langen Haaren und all den Bewegungen, die keine "School Of Rock" mehr lehren könnte. Bassist und Rock'n'Roll Animal Jeff Pilson steht ihm da keineswegs nach - was er im Film "Rockstar" nur als Schauspieler zum Besten gab, nämlich die Verlängerung seiner Karriere mit Dokken, lebt er hier seit seinem Einstieg bei Foreigner weiterhin aus, sprich: eine energische Bühnenperformance, ständig in Bewegung. Bandkopf Mick Jones hingegen steht wie immer recht ruhig, oft mit geschlossenen Augen da, bedient aber seine Gitarre nach wie vor gekonnt. Hier passt heute wieder alles - Songs, die zumindest jeder kennt, der vor 1985 geboren ist und die Band spielt nicht nur für die 30.000 in und vor dem Schlossplatz sondern auch für die 100.000 drumherum! (Welch ein Unterschied: Anfang 2010 hatte ich das Glück, die Band vor nur 100 Gewinnern im Studio von RPR sehen zu dürfen - und sie können beides gleichermaßen.)

Vorfreude bei einer Südamerikanerin!  Abgelehnt! - Bei ihm dürfen nur männliche Hausangestellte schaffen!

Aha, da hinten isser!  Yo, Y&T wär'n jetzt nich schlecht!! :-)

Ein eingebildeter Gockel mit eingeöltem Oberkörper!
Und sie dürfen sich auch als wahre Headliner fühlen, denn das, was jetzt kommt, ist doch eher bescheiden und keineswegs die Hauptattraktion des Tages. "Latino Pop-Gigant" (so die Pressemappe) Ricky Martin versteckt sich zunächst hinter seinen Tänzern und einem produzierten Filmchen. Als Fotograf wird man trotz Akkreditierung im großzügigen Fotograben gehindert, zu nahe dran zu gehen ("Anordnung vom Management", heißt es). Da verwundert es nicht, wenn später despektierliche Sprüche fallen, er habe noch einige Tröpfchen "Golden Shower" auf dem eingeölten Körper, nachdem er sich in einem Interview als Wassersport-Fan geoutet hatte. Das Brimborium mit den Tänzern und den - trotz vorhandener Musiker - vom Band eingespielten Sequenzen kann nicht verhehlen, dass dies hier eine eher schwache Performance ist, die auch zu einem erheblichen Stimmungsabfall im Publikum führt, welches schlichtweg, außer bei den zwei Hits, wenig mit dem Dargebotenen anfangen kann und dem Künstler keineswegs "zujubelt", wie es einen Tag später in der Presse heißt. Im Gegenteil: Die Leute stehen einfach nur da und gucken zu, während sie sich bei Foreigner bewegt hatten und die Hände oben hatten. Ricky Martin zeigt sich auch als eingebildeter Gockel, der sich selbst feiert.
Das Abschlussfeuerwerk, während Adoro noch einige Klassik-Pop-Crossover-Nummern zum Besten gaben, haben wir uns aus der Entfernung aus einer Kneipe angesehen.
Ein gelungenes kostenloses Open Air-Spektakel mit einer perfekten Organisation, die man nur jeder Stadt wünschen kann.

Fotos: Georg Loegler






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