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...And You Will Know Us By The Trail Of Dead, Fugo   28.03.2011   Leipzig, Conne Island
von rls

Die Band mit dem unaussprechlichen Namenskürzel AYWKUBTTOD, kürzer deshalb gern ...Trail Of Dead oder noch kürzer TOD genannt, gehörte Ende des letzten Jahrtausends zu den Pionieren der Abnabelung des Postrock von dessen weiland noch gar nicht so genannten Urvätern wie Sonic Youth und war immer ein Grenzphänomen: ein bißchen gehypt, aber diesen Hype auch durch musikalische Leistungen rechtfertigend. Mit dem siebenten Album findet das Quartett auch zum ersten Mal den Weg nach Leipzig, aber bis es durch die Menschen im so gut wie restlos gefüllten Conne Island begrüßt werden kann, gilt es Fugo zu entdecken. Die kommen nicht aus Japan (dann müßten sie nämlich Fugu heißen), aber sie bringen ebensoviel Strahlungsenergie mit, als ob sie zur falschen Zeit am falschen Ort, der da Fukushima heißt, gewesen wären, und vor allem klingen sie ein bißchen, als ob sie aus Japan kämen - solche quäkigen Stimmen kennt man von dort reichlich. Das soll freilich nicht despektierlich verstanden werden, denn ins Gesamtbild der sechs Songs passen diese Vocals durchaus, und da auch die Gesamtanmutung ein bißchen an den Headliner erinnert (und Conrad Keely zudem die Artworks der aktuellen Dreifach-CD Fugos gezeichnet hat), paßt das Trio exzellent auf diese Tour. Die Songs auf "93:43" sind übrigens nur durchnumeriert, und der Albumtitel markiert die Gesamtspielzeit, wobei von den 18 Tracks zumeist die längeren für die Livedarbietung der Band ausgewählt wurden. Optisch am auffälligsten agiert der Schlagzeuger, der auf sein Instrument mit einer derartigen Wucht einschlägt, als hätte er gegen Godzilla zu kämpfen, und der zudem einen Afro der Marke "Paul Breitner meets Sammy Hagar in dunkelblond" trägt. Dazu ein Gitarrist, ein Bassist und etwas Gesang - fertig ist live durchaus überzeugender Postrock, der einige Längen der CD geschickt ausblendet und in den grundsympathischen Ansagen dann auch noch dem Nichtkenner klarmacht, woher die Band denn kommt: aus der Schweiz. Ein netter Witz der Musikgeschichte und eine Entdeckung für manchen Anwesenden.
...And You Will Know Us By The Trail Of Dead haben sich in ihrer ein reichliches anderthalbes Jahrzehnt währenden Existenz immer weiter vom lärmigen Aspekt entfernt und statt dessen die effektive Tonästhetik von Pink Floyd entdeckt, was sich auch in den Songlängen des neuen Albums "Tao Of The Dead" wiederspiegelt, das eigentlich nur zwei Longtracks beinhaltet, von denen der eine auch tatsächlich als solcher programmiert ist, während man die einzelnen Teile des anderen gesondert anwählen kann. Daß beide "Hälften" im Liveset stehen, war zu erwarten, und so gehört der erste Teil des Konzertes hauptsächlich dem tonmalerischen neuen Material, wobei die Farbpalette allerdings durchaus vielschichtig ausfällt und minutenlange Spannungsaufbauten, wie man sie von Pink Floyd kennt, hier nicht oder nur ansatzweise zu finden sind. Aber das Quartett verleugnet seine Vergangenheit nicht und geht mit "Fake Fake Eyes" sogar bis zu seinem selbstbetitelten Debütalbum aus dem Jahr 1998 zurück. Auch noch aus dem letzten Jahrtausend stammen die beiden Tracks, die wohl den größten Epikfaktor in Gestalt von breitbandigen Soundwänden bereithalten und die strategisch auch günstig für solche Eskapaden plaziert wurden: "A Perfect Teenhood" schließt den regulären Set, "Totally Natural" den Zugabenblock ab, und diese drei Songs erhalten, so gut die Stimmung im Publikum generell auch ist, unterm Strich dann doch den meisten Applaus. Trotz nicht immer stabiler Besetzung präsentiert sich die Band als eingespielte Einheit, wobei das bei Keely und Gründungskompagnon Jason Reece ja zu erwarten war. Aber besonders der fast wie Jimi Hendrix aussehende und bisweilen auch etwas "schwarz" spielende Bassist entpuppt sich als wertvolle Ergänzung des Klangkosmos von Chefdenker Keely, der wie ein zu groß geratener Schuljunge aussieht und übrigens auch so singt, damit gesanglich von Fugo gar nicht so weit weg, wenngleich ohne den "quäkigen" Anstrich. Von der einen Tick zu hohen Gesamtlautstärke abgesehen, kann sich der Hörer auch über ein gutes Soundgewand freuen, das selbst vereinzelte Lärmwände noch strukturiert erscheinen läßt, und die offensichtliche Spiellaune der Band hebt die Publikumsstimmung so weit, daß man selbst diverse Stagediver beobachten kann, von denen es einige sogar bis hinter zum Mischpult schaffen, wozu die dicht gedrängte Aufstellung des Publikums (sicherlich ausverkauft - und das in Leipzig an einem Montagabend!) ihr Scherflein beiträgt. Freilich scheitert das Auditorium aber in anderen Punkten: Conrad freut sich, daß er endlich mal in der Stadt seines Lieblingskomponisten spielen kann, nämlich Bach, und da am nächsten Tag ein Day-off ansteht, fragt er, ob sich jemand als Fremdenführer zu den musikhistorischen Stätten der Stadt zur Verfügung stellen würde - keiner meldet sich. Daß der nachfolgende Witz über Skid Row (deren Sänger bekanntlich das Pseudonym Sebastian Bach mit sich herumträgt) ins Leere geht und keinerlei Reaktion hervorruft, dürfte freilich der Tatsache geschuldet gewesen sein, daß gute Teile des Publikums zu Zeiten von "18 And Life" noch im Kindergartenalter gewese sein dürften. Sei's drum - der Gig macht Hörspaß, und daß es "Tao Of The Dead" am Merchandisestand auch auf Vinyl zu erstehen gibt, dürfte auch manchen noch zweifelnden Pink Floyd-Anhänger überzeugt haben, daß nicht zwingend früher alles besser gewesen sein muß.

Setlist:
Pure Radio Cosplay
Summer Of All Dead Souls
Ebb Away
Strange News From Another Planet
Will You Smile Again?
Worlds Apart
Caterwaul
It Was There That I Saw You
Another Morning Stoner
Fake Fake Eyes
A Perfect Teenhood
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How Near, How Far
Totally Natural



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