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Riltons Vänner   20.05.2010   Leipzig, Spiegelpalast der Kongreßhalle am Zoo
von rls

"A-Cappella-Pop aus Schweden" verspricht die Ankündigung zu diesem Konzert im Rahmen des 11. Leipziger A-Cappella-Festivals. Die wird auch eingelöst, stellt den Rezensenten aber vor akute Probleme, wie er das Gesehene und Gehörte adäquat in Worte fassen soll. Hört man nämlich die Soundbeispiele auf www.myspace.com/riltonsvanner, so wird die exorbitante Livequalität noch nicht unbedingt erahnbar, animiert die elektrifizierte Variante von "Ensamhet" gar zum schnellen Schließen des Browserfensters. Aber an diesem Abend im voll besetzten mobilen Kuppelbau, der einige Tage nach Festivalschluß abgebaut wird, zählt nur der Moment - und der macht einen Heidenspaß. Riltons Vänner sind ein Quintett aus drei Damen und zwei Herren, das justament sein 10jähriges Bestehen feiert und in dieser Zeit immerhin fünf Alben vorgelegt hat, deren aktuellstes namens "Japanmix" natürlich einen nicht unbeträchtlichen Teil der Setlist stellt. Rilton ist der Nachname des Gründers und Bassisten Sebastian, der mittlerweile Sopranistin Linnea geheiratet hat, "Vänner" hießt übersetzt "Freunde", so daß also der Anteil von Riltons gestiegen, der der Freunde aber gesunken sei, wie Bariton Daniel in einer seiner Ansagen schmunzelnd anmerkt. Überhaupt die Ansagen: Alle fünf teilen sich hinein und sorgen mit einem lustigen Mix aus Englisch und etwas Deutsch für eine Steigerung des Unterhaltungswertes, den die Show als solche bietet und die adäquat wohl nur auf einer DVD konserviert werden kann. Der rein musikalische Aspekt ist allerdings auch schon reichlich interessant: Die drei Damen und Daniel teilen sich die Leadgesänge und die zu imitierenden Leadinstrumente auf, Sebastian beschränkt sich im Regelfall aufs Nachempfinden der Rhythmuselemente, wozu bisweilen Daniel stößt, wenn er in melodischer Hinsicht nicht gebraucht wird. Dabei wechseln die Damen zwischen klassischen Stimmlagen und dem, was man im Gothic als "Heavenly Voices" bezeichnet. Die Setlist besteht sowohl aus Eigenkompositionen (zumeist von Sopranistin Matilda) als auch, jene in größerer Anzahl, aus Coverversionen englisch- oder auch schwedischsprachiger Titel, wobei letztgenannte aufgrund des überschaubaren Bekanntheitsgrades der Originale im deutschsprachigen Raum auch als Eigenkompositionen durchgegangen wären bzw. in einigen Fällen auch konkret für das Ensemble von Peter Björklund komponiert wurden. Zudem steht ein Song in Finnisch im Set - da aber keines der Bandmitglieder dieser Sprache mächtig ist, vertonte man kurzerhand die Zubereitungsanleitung für das in ganz Skandinavien verbreitete (vom Kraft-Konzern produzierte) Kakaopulver "O'Boy", die u.a. in Finnisch auf den Packungen abgedruckt ist. Solche absonderlichen Einfälle halten das Interesse über die gesamte Spielzeit hinweg aufrecht - die genial-peinlichen Superman-Kostümadaptionen in "Hero" müssen noch gesondert hervorgehoben werden. Aber auch jenseits allen Klamauks überzeugen Riltons Vänner mit ihren Stimmen. Ganz ohne technologische Hilfsmittel kommen sie übrigens nicht aus: Die Loopstation kommt mal zum Einsatz, die "Stimmgabel" ist ebenfalls elektronischer Natur, und den Alien-Vokaleffekt in "UFB (Unidentified Flying Banana)" simuliert man ebenfalls, anstatt sich selbst die Stimmbänder zu verbiegen. Letztgenannter Song stammt übrigens original vom Abba-Ableger The Flamingos und besticht durch einen immensen Unterhaltungswert, aber auf das Gros des Sets trifft ein ähnliches Prädikat zu, ohne daß man irgendwelche rationalen Gründe dafür angeben könnte. Natürlich läßt das bestens gelaunte Publikum im klanglich für einen Rundbau überraschend gut ausbalancierten Spiegelsaal die fünf Nordlichter nicht ohne eine Zugabe ziehen. Die erste ist ein Abba-Medley aus "Lay All Your Love On Me", "The Name Of The Game" und "Super Trouper", bevor die Ballade "Hjärta" ("Herz") das Konzert planmäßg abschließt - glauben alle; das Licht geht wieder an, und der Soundmensch spielt die Pausenmusik an. Aber das Publikum klatscht begeistert weiter, und so kommt das Quintett tatsächlich noch einmal auf die Bühne und legt noch einen Song nach, der Ansage gemäß das Titellied eines Disneyfilms, der in Schweden jedes Jahr zu Weihnachten läuft. Selbiges Lied soll den Schneewittchen-Mythos behandeln und auf einem bayrischen Text beruhen - aber ob da nun Schwedisch oder schwedisch durchwirktes Bayrisch erklingt, kann beim besten Willen nicht verifiziert werden. Mit Jodel- und Tanzeinlagen liegt der Unterhaltungswert allerdings noch einmal extrem hoch, bevor dann nach zwei Stunden Bruttokonzertdauer wirklich Schicht im Schacht ist und das Gros des Publikums mit einem Grinsen im Gesicht von dannen zieht.

Setlist:
Stevie & Ray Medley
Längtar till sommarn
Don't Let Me Know
UFB (Unidentified Flying Banana)
Somliga gar med trasiga skor
Folket fran Eä
O'Boy
The Reason
It's Time To Leave
Hero
Ensamhet
Klor
In The Sunshine
It's De-Lovely
Let You In
Här är passion
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Abba-Medley: Lay All Your Love On Me/The Name Of The Game/Super Trouper
Hjärta
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Svensk Disney



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