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Uriah Heep, Hartmann   02.05.2010   Eich, Altrheinhalle
von gl

Uriah Heep sind zum dritten Male innerhalb von 18 Monaten in unserem Lande unterwegs. Es kam 10 Jahre keine neue Platte raus, deswegen läuft das ganze weiterhin unter dem "Wake The Sleeper"-Bezug zur neuen, exzellenten Scheibe. Jetzt hat man noch den Zusatz des 40-jährigen Jubiläums dazugesetzt. Dass sie nun aber in der tiefsten Provinz, einem Kaff ca. 15 km von Worms auflaufen, verwundert einerseits. Auf der anderen Seite ist es eine schöne Sache, auch einmal die Landbevölkerung eines Dorfes zu beglücken, das man erst einmal auf der Landkarte suchen muss! Fahrt nach Eich, dann könnt Ihr was erleben: Hingefahren wird natürlich - der Musizierkunst der heute auftretenden Band entsprechend - NICHT mit einem Navigationssystem, sondern per Ausdruck. Und mein Beifahrer, der so freundlich war, sich den Krempel aber vorher nicht durchlas, wird von mir auf Seite 2 jener Liste mit der Frage: "Weißt Du, was hier steht?!?" überrascht. Da heißt es nämlich: "Nehmen Sie jetzt die Fähre!" Also Vater Rhein überqueren. Eich liegt sprichwörtlich im Niemandsland der hessisch-pfälzischen Provinz und der verregnete Abend steht von vornherein unter keinem guten Stern: Die Basketballhalle wurde schon halbiert und selbst in dem abgetrennten Teil ist es keineswegs gut gefüllt ...

Der italienische Schlagzeuger Darrio Ciccioni  Armin Donderer (immer noch im Halbdunkel ...)

Oliver Hartmann (und der Kampf gegen zu wenig Licht ...)  Oliver Hartmann von ... HARTMANN!
Mein Interesse heute gilt zu gleichen Teilen auch Oliver Hartmann und seiner Band, die ihre Anheizerrolle mehr als gut löst. Sie haben offensichtlich eine Anzahl von Leuten mitgebracht (die Basis der Band, Aschaffenburg, ist nicht so weit entfernt), denn HARTMANN haben von Beginn an äußerst wohlwollende Publikumsreaktionen. Während in Mannheim, Ludwigshafen oder Heidelberg die Band mit einem teilnahmslosen "Wer seid Ihr?/Wir wollen Heep sehen!"-Blick angeglotzt worden wäre, wird hier eifrig mitgeklatscht - und dies nicht nur in den ersten Reihen. Das ist wahrlich angenehm, so etwas miterleben zu dürfen. Und sie haben es aber auch verdient, denn die Band bietet bei gutem Sound und mäßigem Licht eine äußerst gelungene Vorstellung mit Liedern aller drei CDs. Oliver dankt seinem Keyboarder außerordentlich und wenige Wochen nach der Show befragt, bestätigt er, daß es in der Tat der letzte Auftritt von Jürgen Wüst war, der seit 2005 dabei ist. Ein kleiner Abschied, den kaum einer der Anwesenden mitbekommen hat. Höhepunkte des Sets sind "Suddenly" (vom dritten Album "3") und der Signature-Song von Hartmann, "Out In The Cold". Starke Performance.

URIAH HEEP-Urgestein Mick Box  Bernie Shaw

Trevor Bolder  Phil Lanzon

Russell Gilbrock
Uriah Heep beginnen mit den für sie so typischen Ah-ah-Chören, die in den 70ern schon fast zu einem Trademark für ihren Sound wurden, und die sie für das Titelstück des 2008er Albums "Wake The Sleeper" reaktivierten. Im Grunde ein Intro nur mit "Wake The Sleeper" als Textzeile. Doch was zum Kuckuck ist denn das für eine miese Akustik?!? Wird schon besser werden, und ich stehe ja unten im Fotograben und staune, wie wirklich extrem alt Mick Box da von ganz nahe mit seinen schlohweißen Haaren aussieht. Doch als Bernie Shaw dann den eigentlichen ersten Song beginnt, wird es eher noch verzerrter und der Soundbrei ist kaum zu identifizieren. Also genau umgekehrt wie vorhin bei Hartmann: Licht top - Klang flop! Dann fällt mir noch das "Sex, Drugs & Rock'n'Roll"-T-Shirt von Keyboarder Phil Lanzon eher negativ auf. (Zu einem Exkurs, woran die Ex-Bandmitglieder Gary Thain und David Byron gestorben sind, lasse ich mich aber jetzt nicht hinreißen, sondern verweise auf die Suchmaschinen ...) Also rauf auf die Empore und dort in einer Pause meinem Kumpel ins Ohr geschrieen, ob er das auch so sieht bzw. hört. Jener, ein noch größerer Uriah Heep-Fan und Kenner, setzt noch einen drauf: "Das Geschepper ist unerträglich, man hört kein Instrument raus, ein einziger Klangbrei!" Doch es scheint sonst nur ganz vereinzelt wenige Abwandernde zu stören, das ist geradezu verwunderlich. Wie bei der Vorgruppe wird begeistert mitgeklatscht und nach jedem Song gejubelt, als wäre alles in Butter, man hat ja schließlich bezahlt ...? Keine Buh-Rufe, keine Pfiffe. Schon nach dem ersten Ton von "Free Me" (mit Jauchzen wird das Intro quittiert) tanzen zwei Mittfünfziger ausgelassen und freudetrunken auf der Empore, was so weit weg von der Bühne ein wenig skurril wirkt. Ein ganz eigenartiger Abend hier heute abend in dieser Turnhalle. Wir gehen runter zum Mischpult - zugegeben, da wurde es nun etwas besser, aber wie mir Oliver Hartmann später mitteilt, dreht die Frau am FOH sonst auch an den Knöpfchen und ist keine B-Lösung, wie von mir vermutet. Aber der Abend ist gelaufen, vor der Zugabe während des drittletzten Songs verlassen wir enttäuscht die Halle. Ich gestehe Uriah Heep diese sog. "Off-Night" in der Provinz als Ausrutscher zu und werde beim nächsten Mal schon im September 2010 in Mannheim genau hinhören. Herrje, ein paar Kilometer weiter in Darmstadt hätte man am gleichen Abend die seltene Chance gehabt, HEATHEN live zu sehen. Hinterher ist man immer schlauer, also müßig zu lamentieren.

Fotos: Georg Loegler






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