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Port O'Brien, Laura Gibson   18.04.2010    Dresden, Beatpol
von mi

Es gibt kaum etwas Besseres, als eine Urlaubswoche mit einem Konzertbesuch abzuschließen. Sich ein letztes Mal einfach gehen lassen, bevor es wieder zurück geht in den tristen Alltag. So oder zumindest so ungefähr dachte es sich der Rezensent. Deshalb kam der Auftritt der kalifornischen Folkrocker Port O'Brien im Dresdner Beatpol wie gerufen, diesem Verlangen nachzugehen.

Laura Gibson
Pünktlich um Neun, einer sehr humanen Zeit für einen Sonntagabend, betrat der Support Laura Gibson die Bühnenbretter; eine Americanaband aus Oregon, bestehend aus der namensgebenden Sängerin und den beiden Multiinstrumentalisten Sean Ogilvie und Micah Rabwin. Und was die bis dato noch kleine Zuhörerschar die nächsten 40 Minuten vernahm, hätte sicher auch dem Rest des Port O'Brien-Publikums gefallen, der aber die laue Abendluft einer neuen musikalischen Erfahrung vorzog und sich vor dem Eingang in großen Trauben tummelte. Weiche Folk- und Bluessongs mit einem ordentlichen Schuss kratzender Stimme und einer Prise Instrumentenexperiment. Das war das Rezept von Laura Gibson und es sollte ein wohlschmeckendes für der Menge Ohren sein. Während sich die ganz in gelb gekleidete Frontfrau mit ihrer Akustikgitarre zufrieden gab, baldowerden die beiden Mitmusiker an den verschiedensten Instrumenten herum. Egal ob Banjo, Trompete, Harmonika, Bass oder Synthies: Alles, was Geräusche macht, wurde eingesetzt und erfüllte den sonst eher dünnen Sound mit interessanten Nuancen. Für drei Songs holte sich die Band sogar einen Fagottisten auf die Bühne, den man wohl bei einem zufälligen Treffen auf der Straße rein optisch eher in die Blütezeit des Seattler Grungerock als hinter ein so klassisches Instrument wie ein Fagott gewähnt hätte. So hatte sich bis zum Ende des Sets die anfangs kleine Traube vor der Bühne in ein richtiges Publikum verwandelt, welches den Weitgereisten zum Schluss einen gebührenden Beifall schenkte.

Van Pierszalowski  Van Pierszalowski
Nach kurzer Umbaupause, die zum Genuss eines leckeren Bierchens genutzt wurde, traten dann auch schon die vier Herren auf die Bühne. Ja, ihr lest richtig. Die vier HERREN. Keine Spur von Cambria Goodwin, der weiblichen Stimme der Band. Das sollte den Abend auch so bleiben. Die Erklärung dafür blieb die Band schuldig. Und auch an den Drums und der zweiten Gitarre gab es eine Veränderung: Tyson Vogel und Gram Lebron sind, wie aus dem Genuschel von Van Pierszalowski zu entnehmen war, einfach nicht mit auf Tour gekommen und so organisierte man in letzter Sekunde für beide Positionen Ersatz aus Norwegen. Die Tour stand so schon knapp vor der Absage: ein Hoch auf spontane Musiker!
Doch all die im Vorfeld in den Weg gelegten Steine waren kein Grund für die Band, schlechte Laune an den Abend zu legen. Die Spielfreude war allen anzusehen. Pierszalowski warf sich regelrecht in seine Songs und legte einen Auftritt á la Kurt Cobain auf die Bühne, wo doch die Musik so sehr an Neil Young erinnerte. Auch war keine Spur von Unsicherheit bei den neuen Tourmusikern zu sehen. Die Band zeigte sich als Gefüge, wirkte sehr souverän und fit, was bewundernswert ist, wenn man den Tourplan betrachtet. Nach Konzerten in Nürnberg und Leipzig folgten zwei Auftritte in Österreich, dann der Dresden-Gig und danach sollte es auch gleich weiter gehen nach Paris. Und das alles mit dem Tourbus. Da soll sich nochmal einer über ausfallende Flüge beschweren!
Einzig und allein der Tontechniker hatte so seine Probleme. Das Schlagzeug war zu dominant und drohte den ein oder anderen Song in seine Einzelteile zu zerlegen und dann versagte auch noch ein Mikro des norwegischen Gitarristen. Doch so viel Einsatz die vier Jungs auch zeigten, die Euphorie wollte einfach nicht so richtig auf das Publikum überschwappen. Dieses wirkte fast etwas schüchtern und hielt sogar knapp einen halben Meter Abstand zur Bühne. Ein Phänomen, das ich bisher noch nie in dieser Lokalität beobachten konnte. Eigentlich schade, wo doch eine der wohl ausgereiftesten Folkrockbands unserer Tage auf der Bühne stand. Erst zum letzten Song, dem alles überragenden "I Woke Up Today" platzte der Knoten zwischen Band und Menge doch noch. Die Musiker holten einige Fans aus der ersten Reihe auf die Bühne, um mit der Band mitzutanzen, und forderten alle im Zuschauerraum auf, das Intro mitzubrüllen. Ein Gänsehautmoment, der dem Abend, trotz Allem, ein positives Ende bescherte.






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