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Get Well Soon, Stars For The Banned   25.02.2010   Dresden, Beatpol
von mi

Die Vorfreude war groß, mal wieder ein Konzert im Dresdner Beatpol besuchen zu können. Dieser traditionsreiche, womöglich schönste, weil so authentische Club der Landeshauptstadt, von dessen Bühne aus schon so großartige Bands wie Interpol, The Kills und The Kooks den Raum mit Klangwellen versorgten. Nun sollte sich also auch Get Well Soon in diese Liste einreihen. Möglicherweise ein gutes Omen, wenn man sich den Werdegang der eben genannten Gruppen anschaut. Dass Get Well Soon nicht mehr zu den Geheimtipps gehören, hatten sie ja schon im Sommer 2007 mit der Einladung zum Glastonbury-Festival bewiesen. Und auch mit dem neuen Album "Vexations", welches im Februar dieses Jahres erschien, hält der Rummel um Konstantin Gropper und Co. an.
So auch an diesem Abend: Der Saal füllt sich schnell und ist schon zu Beginn des Sets der Wiener Vorband Stars For The Banned nahezu ausgelastet. Deren Mastermind Robert Günther freut das sichtlich. Es ist das letzte Konzert der Get Well Soon-Tour, bei dem seine Band als Support dabei sein kann. Dementsprechend emotional bedankt er sich bei den Kollegen von GWS für die "wohl schönsten Wochen meines Lebens" und liefert mit seiner Band ein verrückt, verschrobenes Elektro-Indie-Set ab, welches beim Publikum, wohl auch durch Robert Günthers fesselnde Stimme, ausgesprochen gut ankommt und das mit seinem düsteren Pop-Einschlag eine sehr geeignete Einstimmung auf die darauf folgenden eineinhalb Stunden darstellt.
In der Umbaupause zeigt sich dann, was die Band des Abends so sympathisch macht: Statt den Bühnenaufbau Technikern zu überlassen, kommt die gesamte Band, inklusive Konstantin Gropper, auf die Bühne und richtet alles selbst ein. Eine Geste, die von großer Bodenständigkeit zeugt, trotz des großen Erfolgs der letzten Jahre.

Get Well Soon  Get Well Soon

Get Well Soon  Get Well Soon
Punkt 22:15 geht auf einmal das Licht aus. Vogelgezwitscher erfüllt den Raum und zum aus der Konserve abgespielten "Nausea" läuft ein Film über die an der Bühnenrückseite befestigte Leinwand. Er zeigt ein Mädchen in rotem Mantel, welches durch einen düsteren Wald irrt. Während diesem Szenario schleicht die Band in edler Garderobe an ihre Instrumente. Das Publikum ist schon jetzt wie gefesselt. Kein lautes Teeniegekreische wie sonst üblich. Alle verfolgen wie gebannt das Geschehen auf der Bühne. Direkt im Anschluss erklingt, nun natürlich live, "Senecas Silence" und sofort ist klar: Das wird kein gewöhnliches Konzert, vielmehr eine Offenbarung, ein Spektakel, ein Schauspiel. Gropper, der auf lange Ansagen verzichtet, sich aber bei dem Beatpol-Betreiber für das "größte Buffet dieser Tour" bedankt, legt in jeden einzelnen seiner Songs eine größtmögliche Bedeutung und wirkt dabei nicht einmal überheblich. Mal auf einer Les Paul, mal auf einer Akustikgitarre spielend, haucht er den Songs mit seinem wohligen Bass ihre Seele ein. Im nächsten Moment singt er mit einer unreal wirkenden, weil so glasklaren Kopfstimme Töne aus den höchsten Oktaven, sodass man zweimal hinschaut, ob der Gesang nicht doch von Verena Gropper stammt. Hier schleudert er seinen Oberkörper zum Rhythmus der Gitarre, da flüstert er mit geschlossenen Augen aus einem Zentimeter Entfernung ins Mikrofon und man möchte meinen, im nächsten Moment wird er vom Boden abheben und über allem thronen. Und auch die restliche Band zelebriert ihre emotionale Verbindung zu den Stücken in höchstem Maß. Maximilian Schenkel macht aus jedem seiner Trompetenparts ein gestenreiches Spektakel, Drummer Paul Kenny treibt die Songs mit unerwarteten Trommelwirbeln voran und die grandiose Verena Gropper sorgt mit ihrer eindringlichen Stimme und herzzerreißenden Geige zusammen mit dem Glockenspiel von Marcus Wuest bzw. Daniel Roos für den orchestralen Bombast, der Get Well Soon ausmacht. Gehypte Songs wie "If This Hat Is Missing I Have Gone Hunting" oder "5Steps 7Swords" fügen sich problemlos in das Gefüge des Sets ein, ohne es stilistisch oder inhaltlich zu zerstückeln. Das Publikum ist hin und weg. Die Köpfe wippen im Takt, Pärchen liegen sich in den Armen und keiner wagt es, ein lautes Gespräch mit dem Nachbarn anzufangen, ob der umgarnenden Kraft, die von der Bühne ausgeht.
So erlebt man einen unerwartet kurzweiligen Konzertabend voller Pathos, Leidenschaft und fast an Theatralik grenzender Darstellung, der einem immer dann, wenn das Meer aus Moll von einem plötzlich erklingenden Durakkord durchdrungen wird, einen kalten Schauer über den Rücken huschen lässt. Get Well Soon zeigen eindrucksvoll, dass der Trubel, der die letzten Jahre um sie gemacht wurde, nicht unbegründet ist. Jeder Ton sitzt, jede Geste passt, jeder Film, der hinter der Band eingeblendet wird, ist genauso tiefgründig wie der dazugehörige Song selbst.
Und wenn am Ende die Danksagungen über die Leinwand laufen, fragt man sich: Wo ist hier noch Platz für Spontaneität?






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