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Pardon My English - George Gershwins Dresden Musical   28.11.2009   Dresden, Staatsoperette
von ks

Die Premiere von "Pardon My English" versprach wenig Gutes: viele freie Plätze, vorrangig betagtes Publikum und ein wenig einladendes Werbe-Plakat. Vieles wurde im Vornhinein schon berichtet, schließlich ist es Gershwins (wenig beachtetes) Dresden-Musical. Ein Umstand, der übrigens nirgends erklärt wird. Wieso spielt das Stück eigentlich in Dresden?
Marcus Günzel (Golo/Michael Bramleigh) und Romana Beutel (Frieda Bauer)
Doch von Beginn an: Die Grundsituation des Plots: In Dresden und Bad Schandau herrscht Limonadenverbot. Um das süße Getränk dennoch genießen zu können, treffen sich dessen Anhänger im Club 21, der von Gangster Golo Schmidt (Marcus Günzel) geleitet wird. Der leidet jedoch an einer veritablen Persönlichkeitsspaltung. Immer, wenn er einen Schlag auf den Kopf bekommt (was häufiger passiert), verwandelt er sich in den britischen Geheimagenten Michael Bramleigh. In dessen Gestalt verliebt er sich in die Frieda, Tochter des Kommissars Bauer, der damit beauftragt ist, dem illegalen Limonadenausschank ein Ende zu bereiten. Dass es in echter "Jekyll und Hyde" -Manier dabei zu Verwechslungen kommt, liegt auf der Hand.
Das Stück entstand in den 30-er Jahren, als die Prohibition in den Staaten herrschte. Weshalb deshalb ein Limonadenverbot herrschen sollte, erschließt sich jedoch nicht. Zu altbacken wirkt dies in der heutigen Zeit - nicht nur das Thema, sondern auch dessen Umsetzung. Den Liedern fehlt der nötige Pepp, der auf der anderen Seite von Regisseur Holger Hauer krampfhaft auf die Bühne geholt wurde: Angefangen bei Bühnenarbeitern, die in ihrer Arbeitsmontur ins Stück integriert wurden, über Comic-artige Geräusche bei bestimmter Mimik bis hin zu den sächselnden Komparsen. Besonders letztgenanntes störte gewaltig, wenn ausgerechnet der Dialekt aus der Leipziger Ecke herhalten musste, wo doch das Stück in Dresden spielte.
Alfred Berg (Kommissar Bauer) und Herren des Chores der Staatsoperette Dresden
Toll hingegen das Bühnenbild, welches aus Plastik-Flaschen (in Anlehnung an das Limonadenverbot) gehalten wurde, auch die Szenenwechsel waren stimmig. Leider waren das die wenigen wirklich guten Facetten der Aufführung. So wird im Pressetext zum Beispiel von "witzig-ironischen" Kostümen gesprochen - damit gemeint sind sicher nicht nur die Kittel der drei Zwillings-Psychiater, sondern die permanente gelb-schwarze Kleidung, welche jeden Glamour einer Operette vermissen ließ und alles andere als ironisch war. Wenig gelungen der gesangliche Part: Elke Kottmairs Auftritt misslang gänzlich. Ihr "Lorelei" erinnerte stark an die Inszenierungen des lokalen Travestie-Theaters. Der Chor war - leider - viel zu wenig zu verstehen, was jedoch bei der Belanglosigkeit der Texte wenig ausmachte. Schade, schade - wenngleich sich das Publikum zu amüsieren schien und hier und da auch "Bravo"-Rufe ertönten.
Dass meine Begleitung und ich die Premiere bereits in der Pause verlassen mussten, lag sicher nicht nur an den Sitzgelegenheiten, die jedem über 1,75 Meter zu Schmerzen in Bein und Kreuz führen. Nein - wir ahnten einfach, wie es ausgeht und was uns noch weiter erwartete. Das Bühnenbild hatte sein erstes "Oh" und "Ah" ausgereizt, gesanglich waren außer bei dem wie immer fabelhaften Marcus Günzel keine Glanzlichter zu erwarten und das Liedgut selbst langweilte und verleitete zum Weghören. Wieso sich die Staatsoperette die Mühe machte, ausgerechnet Gershwin erfolglosestes Stück aufzuführen, bleibt mir daher ein Rätsel ...

Infos: www.staatsoperette-dresden.de
Weitere Vorstellungen: 9., 10. Dezember 2009, 14., 15. Januar 2010, 27. und 28. März 2010, 18. und 19. Mai 2010

Fotos: Kai-Uwe Schulte-Bunert



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