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Cottonbomb   22.-24.08.2008   Cesis (Lettland), Jugendtage
von Martin Scheiter

Als wir erfuhren, dass wir für ein Konzert in Lettland ausgewählt worden waren, freuten wir uns auf schneekönigliche Weise. Besonders erfreulich war, dass für unseren verhinderten Tastenbediener niemand anderes als Dr. Thomas Feist einzuspringen gewillt war. Das hatte den angenehmen Nebeneffekt, dass wir eine höchst kompetente und fachkundige Reiseleitung an der Seite haben sollten. Außerdem hatten wir noch das Glück, Robert als Ersatzschlagzeuger gewinnen zu können. Die Reise selber begann dann etwas zäh, da unser Flugzeug zur vereinbarten Abflugzeit noch nicht einmal den Flug aus Riga nach Berlin-Tempelhof hinter sich hatte bringen können, technischer Probleme wegen. Da dies mein erster Flug war und kurz zuvor eine Passagiermaschine in Spanien verunglückt war, wuchs mein Unbehagen stetig. "Im Prinzip ist das wie Busfahren", wurde mir erklärt, als ich den Bandkollegen wiederholt meine bevorstehende aeronautische Defloration ankündigte. Man wollte mir damit wohl die Angst vor meinem ersten Flug nehmen. Angst hatte ich nicht, eher ein Gefühl der Neugier, gepaart mit leichter Aufregung. Es ist ja nicht so, dass man keine Ahnung vom Inneren eines Flugzeuges hätte. Unzählige Filme spielen in Flugzeugen, von der Liebesgeschichte bis zum Anschlag mit Giftschlangen hat man alles gesehen. Selbst Abstürze gehen oft glimpflich aus. Die Hauptpersonen, zu denen ich mich in meinem eigenen Leben zähle, überleben irgendwie immer. So stand ich also am Flughafen und versuchte routiniert auszusehen. Mit der Meinung, eine Autofahrt nach Riga wäre viel spannender, hatte ich mich nicht durchsetzten können.
Meine Aufregung nahm dann immer mehr ab, je länger wir auf die verspätete Maschine warten mussten. Die "Erfrischungsgutscheine", die wir wegen der Verspätung von Baltic-Air bekommen hatten, setzten wir in Bier um. Als wir endlich im Zubringerbus saßen, nahm meine Nervosität wieder etwas zu. Das Titelblatt der Zeitung, die der dicke Busfahrer las, kündete in riesigen Buchstaben von dem besagten Flugzeugabsturz. Jemand im Bus meinte aber, das wäre sogar gut. Zweimal hintereinander würde so etwas nie passieren. Ich ließ mich beruhigen.
Als wir die Maschine bestiegen, war ich dann doch etwas enttäuscht. Abgewetzte Sitze, viel zu eng beieinander und ein etwas muffiger Geruch verbreiteten nicht ganz die Atmosphäre, die ich aus amerikanischen Filmen kannte. Es gab keine Monitore, was den Vorteil hatte, daß die hübschen Stewardessen uns die Sicherheitsanweisungen vortanzen mussten. Ich saß direkt am Notausstieg über der Tragfläche, was mich irgendwie beruhigte. Als es dann endlich losging, war ich - wie jeder beim ersten Mal - von der Beschleunigung beeindruckt. Ich schluckte wie ein Karpfen und meine Beine wurden schwer. Hätte ich doch nur eine Aspirin vorher genommen. Was, wenn ich jetzt eine Thrombose bekomme? Ich versuchte meine Beine und Füße so gut es ging zu bewegen und nicht in Panik auszubrechen. Nach einer Weile normalisierte sich meine Durchblutung wieder und bis zur Landung war es dann - wie Busfahren.
Angekommen in Riga wurden wir ins Hotel gebracht. Danach stöberten wir durch die nächtliche Stadt und ließen uns von den vielen, nett anzuschauenden Häuschen beeindrucken. Die Geschichte der größten Stadt des Baltikums ist äußerst interessant, leider kann ich darauf hier nicht weiter eingehen. Mein persönlicher Höhepunkt war Hähnchenbrustfilet an Roquefort-Sauce. (Vielen Dank an dieser Stelle für die großzügige Einladung durch Friedemann Oehme - den Vertreter des Landeskirchenamtes.)

Blick aus dem Flugzeug  Teilnehmer des 'singenden Bandwurms auf Schienen'
Satt und froh ließen wir uns dann ins Hotelbett sinken - die Vernünftigeren früher, andere später - und schliefen selig. Bis zum allzu frühen Frühstück, um genau zu sein. Der Sonderzug nach Cesis, dem Ort des musikalischen Geschehens, ging denn schon im Morgengrauen. Viele nette junge Menschen, vereint zu einem singenden Bandwurm auf Schienen, begleiteten uns zu dieser frühen Stunde. Angekommen in Cesis bezogen wir zuerst einmal Quartier und begaben uns dann zum generalstabsmäßig organisierten gemeinsamen Mittagsmahl. Den Nachmittag verbrachten wir in dem niedlichen Städtchen. Cesis (deutsch: Wenden) ist eine Stadt im nördlichen Lettland, in der Region Livland (lettisch: Vidzeme) mit 18.598 Einwohnern (Januar 2005). Sie liegt auf Hügeln und Terrassen oberhalb der Gauja am nördlichen Ausgang des Gauja-Nationalparks. Cesis ist ehemalige Hansestadt und Hauptstadt des nach ihr benannten Landkreises. Das wußten wir damals alles nicht, fühlten uns aber trotzdem sehr wohl. Um sechs waren wir dann mit Soundcheck an der Reihe. Die Bühne samt Technik waren von höchster Güte und wir freuten uns auf ein schönes Konzert. Bis zu selbigem hatten wir dann noch Zeit, letzte musikalische Unklarheiten zwischen uns und Thomas probend aus dem Wege zu räumen. Vor uns spielten fünf klasse Bands, die meisten aus Lettland, andere von woanders her. Das Publikum war recht jung und überschäumend guter Laune. So spielten wir denn auch beherzt auf und fühlten uns speckmadig gut auf der Bühne. Nach dem Konzert nahmen wir noch einen kleinen Schlummertrunk in der Stadt zu uns. Am nächsten Morgen fuhren wir zurück nach Riga, um uns auf die Rückreise zu begeben.

Der Raum  Cottonbomb live

Cottonbomb live  Arrivederci!
Fazit: Wir hatten ein grandioses Wochenende! Vielen Dank an alle Beteiligten, vor allem Thomas Feist, der in seiner Doppelrolle als Keyboarder und Reiseleiter Großes geleistet hat. Wir würden das jederzeit wieder machen (dürfen wir leider nicht).



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