www.Crossover-agm.de Rappacinis Tochter - Das Musical   19.04.2008   Rostock, Theater im Stadthafen
von lene

"Rappacinis Tochter" ist ein Musical der etwas anderen Art, das seit Jahresbeginn durch verschiedene Städte tourte und ab Juni 2008 wieder in Hamburg zu sehen ist. "Der etwas anderen Art" deshalb, weil es das gleichnamige klassische Stück im rockigen Gothic-Stil sehr modern bearbeitet, sodass ein (wie es die Autoren auf der Homepage bezeichnen) "Gothic-Musical" dabei herausgekommen ist. Nun fragt man sich sicherlich, was das nun wieder zu bedeuten hat - auf jeden Fall klingt es sehr düster. Wer jetzt aber sofort - und nicht ganz vorurteilsfrei - an weiß gekalkte Gesichter und eine blutrünstige Teufelsanbeter-Story denkt, wird diese Erwartungen beim Theaterbesuch nur teilweise bestätigt sehen. Gut, die Gesichter sind etwas blass geschminkt, die Kleider im etwas altmodischen Samt- und Satinstil, die Story endet tragisch und es geht grob gesagt um Gift und Unsterblichkeit.
Aber beginnen wir chronologisch: Das Musical "Rappacinis Tochter" basiert auf einer Kurzgeschichte von Nathaniel Hawthorne, einem amerikanischen Schriftsteller der Romantik, der sich die "Romeo und Julia"-artige Geschichte Mitte des 19. Jahrhunderts ausgedacht hat. Die Handlung spielt im zeitgenössischen Italien, wo der junge Giovanni Guasconti widerstrebend auf Geheiß seines verstorbenen Vaters ein Medizinstudium beginnt. Er bezieht ein Zimmer, von dem er den besten Ausblick in Doktor Rappacinis Garten hat, in dem die seltsamsten Blumen wachsen. Was allerdings Giovannis Aufmerksamkeit fesselt, ist vielmehr die schöne Tochter Rappacinis, die ein Geheimnis umgibt. Er verliebt sich, obwohl sein Professor Baglioni ihn bereits vor den schlimmen Folgen gewarnt hat. Beatrice, Rappacinis Tochter, ist zwar beinahe unsterblich, aber auch unglücklich und unberührbar. Als ihr Vater Giovanni als Beatrices Ehemann auserwählt, wird auch der junge Liebhaber mit in das Unheil hineingezogen.
Im Januar 2008 feierte "Rappacinis Tochter" im Delphi Showpalast in Hamburg seine Uraufführung. Das historische Musicaldrama von Alexander und Anja Hunzinger sowie Tilman Kracke unter der Regie von Sandra M. Heinzelmann spricht nicht unbedingt das traditionelle Musical-Klientel an. Hinter der Bühnendekoration sieht man Musiker sitzen, die Bass, E-Gitarre, Keyboard und Schlagzeug spielen. Sie begleiten zwar bereits voreingespielte Aufnahmen, tun dies aber sehr rockig und schwungvoll und lassen das Ganze weniger künstlich und viel authentischer wirken als manch andere Musicals. Auch wirkt es hier weniger merkwürdig, dass man sich singend unterhält, als in manchem Disney-Cartoon. Die Stücke sind gut gelungene teilweise düstere Deutschrock-Songs. Die fünf Schauspieler bzw. Sänger leisten glänzende Arbeit. Besonders gut wirken die gesanglichen Duelle, die sich Oliver Bandmann (Dr. Rappacini) und Thomas Friedrichs (Professor Baglioni) zu dröhnendem E-Bass liefern. Dann wird es zeitweise sogar unwichtig, den Text zu verstehen, weil man schon allein durch den Gesang der Handlung folgen kann. Ohne schnulzig zu werden, wird hier die eigentlich relativ einfach gestrickte Geschichte unterhaltsam umgesetzt. Es ist ein Hauch von Gothic zu spüren, die romatische Literaturvorlage geht mit dem Genre Hand in Hand. Aber auch für Nicht-Goten ist das Musical genießbar. Für Romantiker bieten auch die poppigen Liebeslieder von Giovanni (Alexander Hunzinger) und Beatrice (Alma Mathar) einen Kontrast zum düsteren melancholischen Gothic-Hauch.
Auf der Website zum Musical (www.rappacini.de) kann man nicht nur Hawthornes Originalgeschichte herunterladen, sondern auch Auszüge aus dem Musical hören.

Musical-Szenenfoto  Musical-Szenenfoto

Nächste Termine: im Sommer 2008 in Hamburg, Delphi Showpalast



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