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Eddie's Revenge, Cutterfly   22.12.2007   Leipzig, Kulturbundhaus
von rls

Es ist prinzipiell ein positives Zeichen, daß die Veranstaltungsreihe "Heavy Metal - Nix im Scheddel" auch nach dem plötzlichen Tod von Chefdenker Ringo Nöbel im Mai 2007 weiterzuleben imstande ist, und so schaut der allseits geschätzte Ringo nunmehr von einem Banner oben rechts neben der Bühne auf das bunte metallische Treiben im Leipziger Kulturbundhaus herunter. Zum vorweihnachtlichen Konzertausklang 2007 hatte man diesmal keine der üblich-verdächtigen Spaßbands geladen, sondern bereitete den Altmetallern Leipzigs, von denen doch noch ein paar übriggeblieben sind (wenn man sich die gängigen Konzertpläne so anschaut, hat man ja den Eindruck, sie seien komplett ausgestorben, so einen großen Bogen machen fast alle Traditionsmetaltouren um Leipzig), mit der Verpflichtung von Eddie's Revenge eine besondere Freude. Um die Jüngeren nicht ganz im Regen stehenzulassen, waren Cutterfly als Support dazugebeten worden, und die legten auch fast pünktlich nach dem Eintreffen von Kollege Ulf und meiner Person im Kulturbundhaus und dem Durchforsten der Second Hand-Kisten von Petra's Heavy Shop aus Halle (mit den beiden Genetic Wisdom-Scheiben war da wieder eine Lücke in der holländischen Sammlung füllbar) los. Und die Entwicklung der zum überwiegenden Teil immer noch blutjungen Band geht weiter mit Riesenschritten vorwärts. Begnadete Spieltechniker sind sie ja schon länger, aber langsam kommen sie auch im Songwriting den einen oder anderen Schritt vorwärts und lernen, daß an manchen Stellen weniger auch mal mehr ist, man beispielsweise einen Rhythmus hier und da auch einfach mal durchspielen kann. Allerdings litten Cutterfly unter einem arg schwankenden Soundgewand, dessen Konstante die eigentlich durchgängig zu lauten Drums bildeten - nicht daß man einem Könner wie Max nicht gerne zuhören würde, aber die Kunst speziell der Gitarristen trat darob etwas arg weit in den Hintergrund, so daß man sich beispielsweise arg anstrengen mußte, um die Klassikzitate im ausgedehnten Instrumental mitzubekommen. Zumindest gesanglich wird der Sänger auch immer souveräner, lediglich an der Publikumskommunikation muß er nach wie vor stark arbeiten, damit die Stimmung in den regulären Songpausen, aber speziell in ungeplanten längeren Unterbrechungen (deren eine sich notwendig machte, da dem Bassisten gleich im ersten Song eine Saite riß) nicht rapide abfällt. Alternative wäre die Überbrückung durch eine lockere Jamsession der Gitarristen mit dem Drummer, wozu es an diesem Abend schon vorsichtige Ansätze zu erleben gab. Generell machte das musikalische Bild dieses Abends eher den Eindruck einer Metal- als einer Metalcoreband, was auch durch die gekonnt umgesetzten Covers von Metallicas "Welcome Home (Sanitarium)" und dem zugegebenermaßen original nicht so metallischen, aber in Metallerkreisen trotzdem beliebten "Die Die My Darling" der Misfits unterstrichen wurde, wobei letztgenannter mit Abstand der straighteste Song des vielleicht dreiviertelstündigen Sets war. Eine Band, deren Entwicklung man im Auge behalten muß!
Eddie's Revenge sind eine Coverband, und wessen Schaffen da im Mittelpunkt steht, sollte für Eingeweihte keiner Erläuterung bedürfen: "Up the Irons" hieß das Motto des Abends, und man spielte sich einmal kreuz und quer durch Iron Maidens Backkatalog, wenngleich nicht durch den ganzen: Der aktuellste Song stammte mit "The Wicker Man" vom "Brave New World"-Album anno 2000 und der zweitaktuellste in Gestalt von "Fear Of The Dark" immerhin aus dem Jahre 1992. Das bedeutete, daß Sänger Markus schon mal nichts von Blaze Bayley umzusetzen hatte, und auch aus den Tagen mit Paul Di'Anno am Frontmikro war mit "Wrathchild", "Running Free" und natürlich "Iron Maiden" eher wenig Material in der Setlist zu finden - der Fokus lag folgerichtig auf der Dickinson-Ära, und da lag er auch gut, denn nicht nur stammen bekanntlich die größten Maiden-Erfolge aus dieser Phase, auch die Stimme des Sängers war bisweilen erstaunlich nahe an der Dickinsons dran, vielleicht nicht ganz so flächig wie der Brite bisweilen, aber mit der gleichen Energie und einer ähnlichen Stimmfärbung. Auch die anderen vier Musiker (jawohl, Eddie's Revenge verzichten auf einen dritten Gitarristen) wußten ausnahmslos zu überzeugen, und die sehr sichere Eingespieltheit überraschte, denn für Batty in der Rolle von Dave Murray war es gerade mal der fünfte Gig mit der Band. Ein sechstes Bandmitglied beschäftigten Eddie's Revenge allerdings auch - ein Mensch namens Gonzo war nämlich für Spezialeffekte zuständig, und dazu gehörte auch, zweimal als Eddie über die Bühne zu stapfen, wobei allerdings weit und breit nichts von etwaigen Gruselszenarien, sondern eher von permanentem Augenzwinkern zu spüren war, denn beim zweiten Auftritt winkte Eddie mit Weihnachtsmannmütze freundlich ins Publikum, und auch der erste Auftritt hatte eher was von einem in die Menge grüßenden Politiker bei einer Wahlkampfveranstaltung. Aber an diesem Abend sollte die Musik im Fokus stehen, und zwar die Musik des im Jahre 2007 justament 25 Jahre alt gewordenen Albums "The Number Of The Beast" ganz besonders, das gleich zu drei Vierteln seines Originalbestandes im Set stand. Nach dem Auftakt mit "The Wicker Man", "Wrathchild" und "2 Minutes To Midnight" wurde blockweise gespielt, erst ein selten zu hörender Dreierblock vom besagten Jubiläumsalbum mit "Children Of The Damned", "The Prisoner" und "22 Acacia Avenue" und dann gleich noch ein Viererblock vom Folgealbum "Piece Of Mind", namentlich "Die With Your Boots On", "The Trooper" (nur echt mit zerrissener Kriegsflagge), "Revelations" (dessen Therion-Coverversion der Rezensent witzigerweise wenige Tage vorher eher zufällig mal wieder im CD-Player gehabt hatte) und "Flight Of Icarus". Mit "Rime Of The Ancient Mariner" in voller Länge dürften auch nur unverbesserliche Optimisten gerechnet haben, bevor bei "Fear Of The Dark" gleich mehrere Dämme brachen - einerseits die beim Publikum, falls die noch vorhanden waren (hier sang jedenfalls wirklich nahezu JEDER mit), andererseits die der Hauselektroanlage, die ab diesem Song mehrmals teilweise auszufallen geruhte, was jeweils das komplette Licht und die Gitarre von Mac aka Adrian Smith ausschaltete und daher bisweilen ulkige Effekte zeitigte, wenn der Rest der Band im Dunkeln weiterspielte. Wenn nur das Licht ausgegangen wäre, hätte man bei "Fear Of The Dark" ja fast von einem gewollten Showeffekt ausgehen könnten - die Band nahm die Situation jedenfalls mit Humor, und Markus flocht, wenn das Problem mal wieder auftrat, kurzerhand an ungeplanten Stellen inmitten anderer Songs den Refrain von "Fear Of The Dark" ein. Im Publikumsanimieren war er übrigens so agil, daß er bei "Hallowed Be Thy Name" deswegen gleich mal den letzten Einsatz verpaßte. "Iron Maiden" schloß den regulären Setteil ab und ließ ob der Zusammensetzung der Setlist doch Fragen offen: Nix "Somewhere In Time", nix "Seventh Son Of A Seventh Son"? Aber da war ja noch der Zugabenblock, aus sechs Songs zusammengesetzt und, weil Teile des Auditoriums (das sowieso partiell ein bissel positiv verrückt war - wo sonst sieht man Menschen zur Umbaupausenmusik enthusiastisch headbangen???) schon die ganze Zeit lang danach verlangt hatten, ungeplanterweise mit "Aces High" eröffnet, planmäßig aber mit "The Number Of The Beast" fortgesetzt. Und die beiden erwähnten Alben kamen dann auch noch zu ihrem Recht, "Seventh Son" erwarteterweise mit "The Evil That Men Do", während sich die "Somewhere"-Hoffnungen, vielleicht den besten Maiden-Song überhaupt, nämlich "Alexander The Great", vorgesetzt zu bekommen, mit dem beileibe auch nicht schlechten "Wasted Years" leider nicht erfüllen sollten (wenn's unter den Songs einen gab, den man zugunsten von "Alexander The Great" liebend gerne hätte streichen können, dann das langweilige "Die With Your Boots On" oder das kaum mitreißendere "Flight Of Icarus"). "Running Free" und das unvermeidliche "Run To The Hills" beschlossen bei übrigens allgemein recht ausgewogenem Sound einen interessanten und langen Set klassischen Metals, wie er klassischer kaum sein konnte, dargeboten von einer äußerst spielfreudigen Band, die sich auf das exakte Reproduzieren konzentrierte, aber dadurch nicht weniger interessant wurde, zumal man viel von dem gespielten Material nur selten in den Setlisten der Originatoren wiederfindet, die allerdings 2008 auch mal wieder in der eigenen History graben wollen. In diesem Kontext bildete der Gig von Eddie's Revenge also schon mal einen hervorragenden Vorgeschmack.

Setlist Eddie's Revenge:
The Wicker Man
Wrathchild
2 Minutes To Midnight
Children Of The Damned
The Prisoner
22 Acacia Avenue
Die With Your Boots On
The Trooper
Revelations
Flight Of Icarus
Rime Of The Ancient Mariner
Fear Of The Dark
Hallowed Be Thy Name
Iron Maiden
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Aces High
The Number Of The Beast
The Evil That Men Do
Wasted Years
Running Free
Run To The Hills



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