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Behemoth, Aborted, Sworn 19.09.2007 Berlin, K17
von ta
Zuerst Sworn. Die spielen melodiösen, sehr schwedisch tönenden Black Metal, der an frühe Naglfar, Dawn und Dissection erinnert. Passenderweise rennt Frontman Max Wilson vollbeglatzt und im Dissection-Leibchen rum und gegen Ende ertönt eine tempomäßig etwas abgespeckte "Nights Blood"-Version des Nödtveidt-Propagandainstruments, welche dann auch den Höhepunkt des Sets markiert. Die Eigenkreationen der Band sind OK, aber unoriginell und wenig spektakulär arrangiert. Zwar verstecken sich in Songs wie "The Beauty Of My Funeral" einige wohlkomponierte und nett anzuhörende Melodien, wirklich merkfähige Akzente setzten Sworn an diesem Abend jedoch keine.
Ist bei dem Package aber auch schwer. Aborted kommen, trümmern alles in Grund und Boden und verschwinden wieder, als ob nix gewesen wäre. Der deftige Death Metal der Belgier ist für die Live-Situation wie geschaffen: Die tiefen Vocals drücken, die brachialen Riffs drücken, hinter der Schießbude sitzt schon wieder irgendein neuer Kerl - es ist weder Gilles Delecroix noch David Haley -, der massive Blasts raushaut. Bereits zum hypergeilen Opener "A Methodological Overture", dem Quasi-Titelsong des neuen Albums "Slaughter And Apparatus - A Methodological Overture" kreisen im Publikum und - sofern vorhanden - auf der Bühne unzählige Matten, der Kopf von Frontsau Sven de Caluwe ist nach zwei Minuten knallrot vor Power und ein fettes Pit rotiert vor der Bühne. "Blood Fixing The Blend", "Gestated Reality" und "Hecatomb" vom Killer-Album "The Archaic Abbatoir" dreschen und grooven gleichzeitig alles in Grund und Boden, ehe mit dem gnadenlosen Doppel "Goremageddon" und "Meticulous Invagination" in der mittleren Vergangenheit der Band gekramt wird. Zum neuen "Avenious" gibt's eine Mini-Verschnaufpause, in der ich irgendwann meinen Nachbarn anbrülle, dass "Dead Wreckoning" und "A Cold Logistic Slaughter" diesem Gemetzel ein wahrhaft famoses Ende bereiten würden. Prompt folgen "Dead Wreckoning" und "A Cold Logistic Slaughter" übergangslos im Doppelpack und, weil das alles so schön ist, mit "The Chondrin Enigma", der Single des neuen Albums, noch eine Zugabe. Was für ein Monstergig! Würden bei CrossOver Live-Punkte verteilt werden, dürften sich Aborted für diesen Auftritt ne glatte 10/10 and Revers heften.
Nun ist die 10/10 bei Behemoth live seit ein paar Jahren ja beinahe so was wie Standard. Die Polen haben sich seit ihrer musikalischen Kurskorrektur mit "Satanica" kontinuierlich gesteigert und jüngst in Form von "The Apostasy" einen weiteren Knaller vorgelegt, der ihren Status als vielleicht intensivste Death Metal-Band der Gegenwart endgültig konsolidieren dürfte. Grund für Selbstbewusstsein ist also reichlich vorhanden, was man der Band auch deutlich anmerkt. Mit gewohnter Präzision geht das neue Doppel "Slaying The Prophets Of Isa" und "Christgrinding Avanue" nach dem monumentalen Intro "Rome 64 C.E." gleich in die Vollen. Entgeistert starre ich Fronttier Nergal an, das seine Gitarrenparts inzwischen spielt, als würde es beiläufig eine Fliege erschlagen, und ansonsten mit gewohnt markigen Ansagen zu Orkanen wie "Slaves Shall Serve" oder "Christians To The Lions" glänzt. "Antichristian Phenomenon" und "Demigod" sind ein Massaker für Augen und Ohren. Unglaublich, diese rasende Gewalt, die Inferno hinter seinem Kit verübt! Unglaublich, wie Orion und Seth, ihren brüllenden und tobenden Frontphilosophen flankierend, sich synchron ihre Schädel vom Hals schrauben! Unglaublich, diese unglaublich unglaublichen Songs, die nebenbei über das Publikum hereinbrechen! Das mittelalte "Decade Of Therion" und das brandneue "Prometherion" direkt hintereinander zeigen eigentlich nur, dass Behemoth sich nun schon seit acht Jahren ein geiles Stück extreme Musik nach dem anderen aus dem Ärmel schütteln - wieder mal 10/10 also? Leider nicht, denn für Abzüge sorgt die Setlist. Zum Einen wäre es schön gewesen, bezüglich des neuen Albums nicht die Nummer sicher geboten zu bekommen, sondern einen experimentelleren Song wie "At The Left Hand Ov God", "Inner Sanctum" oder den Orkan "Parduzu". Schwamm drüber, das allein wäre noch zu verschmerzen - wenn dann nicht so viele Midtemposongs im Programm gestanden hätten. Gut, auf "Conquer All" und "Chant For Eschaton" (mit dem üblichen Maskentralala von Nergal und blutverschmierten Gesichtern) wird sich schwer verzichten lassen, aber "As Above So Below" könnte mal langsam durch einen anderen Song des formidablen "Zos Kia Cultus"-Albums ersetzt werden und die völlige Enttäuschung im Zugabenblock dürfte meinetwegen ganz wegfallen: "Pure Evil And Hate" dient ohnehin nur dazu, die zwei, drei Leute zufriedenzustellen, die noch nicht gemerkt haben, dass die schwarzmetallische Phase von Behemoth Schrott ist und was das Gnarkill-Cover "I Got Erection" sollte, wird wohl nur Nergal selbst wissen. Für so was einen Übersong wie "Sculpting The Throne Ov Seth" zu opfern, müsste mit lebenslanger Haft bei Brot und Wasser bestraft werden, gäbe es auf dieser Welt Gerechtigkeit. So hinterlässt der Auftritt bei allen Ausrufezeichen auch ein klitzekleines Fragezeichen. So etwa: ? Wirklich nicht größer. Und ansonsten state of the art, wie eigentlich immer bei Behemoth.
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