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Hidden Timbre mit dem Konzertchor des Goethe-Gymnasiums Gera und dem B.S.P. Fusion Orchestra   08.07.2007   Gera, BUGA 2007, Veranstaltungsrondell am Hofwiesenpark
von Christian

"Hereafter - Visionen aus dem Jenseits". Ein großartiges Projekt der Band Hidden Timbre mit dem Konzertchor des Goethe-Gymnasiums Gera und dem B.S.P. Fusion Orchestra. Im Rahmen der BUGA 2007 und als Abschlussveranstaltung des Open Air-Festivals "Alles Theater" führen die genannten Klangkörper ein eigens für diesen Anlass arrangiertes Werk gemeinsam auf. Auf der Bühne 80 Künstler, vor der Bühne im wunderschönen Veranstaltungsrondell am Hofwiesenpark ein äußerst gespanntes und ebenso gemischtes Publikum. Nicht wenige Blumen-Omis lassen sich bereits am Nachmittag beim Soundcheck auf den Stühlen nieder und planen wohl einen klassischen Konzertgenuss. Dann gibt es da noch eine beträchtliche Schicht, der ich mal Elternschaft der Chorleute und Klassiker unterstelle. Und deren Freunde und Bekannte. Und schließlich kommen noch etliche Punks, Hippies, Schwarzröcke und Metaller angerieselt, so daß es bunter nicht sein könnte.

Und endlich beginnt das Ereignis. Nach dem Abhören verschiedener Bereiche des Geländes stellt sich heraus, daß der Sound inmitten der überdachten Fläche etwa 8 m vor der Bühne ganz passabel ist. Das liegt wohl in erster Linie daran, daß der klassische Klangkörper bis dorthin noch mit seiner natürlichen Lautstärke vordringt und so mit der Band ein harmonischeres Ganzes bildet. Das bleibt auch das einzige Problem des Abends. Es ist nun mal bei solch einem Projekt mit vertretbarem finanziellen Aufwand nicht möglich, jede Klangquelle einzeln abzunehmen. So stehen den Klassikern nur mehrere frei stehende Mikrophone für den Transport des Gesamtklangs zur Verfügung. Wegen des Band-Bühnenpegels macht das dann Schwierigkeiten bei der Transparenz über die Lautsprecher.
Man stelle sich zudem die fast 80-köpfige Mannschaft vor. Bei dieser Klanggewalt leiden viele Nuancen zwangsläufig. Mancher Bombastpart mit Feuer aus allen Rohren zeigt wild geigende Streicher, hören kann man sie in diesem Moment leider nicht. Wie gesagt - das lässt sich nicht viel besser lösen. Das Problem der Koordination auf der Bühne und fürchterlicher Monitoringaufwendungen wird elegant gelöst - es gibt einen Dirigenten!

Kommen wir aber mal zum Kern - der Musik. Das Gesamtwerk ist komponiert und arrangiert um die Stücke der Band Hidden Timbre herum. Die Basis besteht also aus den Prog-Rockern, mit ihren vertrackten Rhythmen und vielen versteckten Finessen. Erfreulich: Hidden Timbre haben in den letzten Jahren verstärkter auf die Elemente Groove und Eingängigkeit gesetzt - wenn auch selbstverständlich immer noch im Rahmen der bandeigenen Komplexität. Aber die musikalischen Bravourstücke finden heute leichter Zugang zum Ohr, weil man immer wieder mal mit einem fetten Groove oder einer Ohrwurmmelodie weitergeführt wird. Das Arrangement ist großartig und lässt keine Wünsche offen. Meine anfänglichen Bedenken zur Gewichtung der drei Klangkörper werden schnell zerstreut. Das Stück führt wunderbar durch die jedem Ensemble möglichen musikalischen Mittel und zeigt viele Dimensionen. Jeder - Chor, Orchester und Band - hat Raum sich zu präsentieren, die Themen werden weitergereicht, es gibt großartige Spannungs- und Dynamikbögen. Eine Gänsehaut jagt die nächste, wenn beispielsweise der Chor ein Thema übernimmt, das eben noch von der Band gerockt wurde und dieses weiterführt. Da es sich hier nicht um Klassikpop oder Pomprock handelt, sondern um Hidden Timbre, die ihre Hörer immer fordern, verlassen die Blumen-Omis nach und nach die so lange und geduldig reservierten Plätze in den vorderen Reihen und machen der nachrückenden Jugend Platz. Die musikalisch erzählte Geschichte gipfelt immer wieder in dramatischen Höhepunkten, in denen sich alle drei Klangkörper vereinen und einen unglaublichen Bombast liefern. Nach Vollendung der Aufführung bricht im verblüfften Publikum der Jubel los. Und die Musiker werden zur - nicht eingeplanten (!) - Zugabe gezwungen. Da wird hastig die Partitur durchsucht und ein Fragment zur Wiederholung ausgesucht. Schnell muß allen 80 Leuten der Einsatz markiert werden und noch einmal dürfen die mittlerweile überglücklichen "Massen" auf der Bühne ihre Magie spielen lassen.

Bleibt als Fazit: Ein denkwürdiges Projekt, eine musikalische Darbietung, die in ihrer ganzen Komplexitatizition erstmal sickernd verdaut werden muss, keine leichte Kost, trotzdem äußerst unterhaltsam. Obwohl es nicht eine einzige Gesamtprobe gab (finde mal einen Probentermin für 80 Leute), saß jeder Hieb und jeder Strich. So hören sich Profis an. Es bleibt die Hoffnung, daß es weitere Gelegenheiten für dieses Ensemble geben wird - es wäre äußerst schade für das Gesamtwerk, wenn es diesem einen Abend und dem dort anwesenden Zuhörerkreis vorbehalten bliebe.



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