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Hella Donna   07.04.2007   Prießnitz, Festhalle
von rls

"1. Prießnitzer Rocknacht" nannte sich diese Veranstaltung offiziell, und um erstmal vorsichtig auszuloten, wie die Einwohner des eine gerade ins Vierstellige reichende Kopfzahl aufweisenden Dorfes auf derartige Klänge vor der eigenen Haustür reagieren würden, hatte das Veranstalterteam keine besonders abgefahrene Band gebucht, sondern eine solide Covertruppe, nämlich Hella Donna aus dem schönen Vogtland. Das hatte erstmal einen positiven Einfluß auf die Besucherzahl, denn zu einem verträglichen Eintrittspreis tummelte sich keineswegs nur das rocksozialisierte Dorfpublikum in der Festhalle (was nach einem großartigen Repräsentativbau klingt, in realitam aber eine umfunktionierte alte LPG-Maschinenhalle darstellt, in welcher der Rezensent früher im Winter PA-Unterricht hatte und irgendwelche Gerüste anstrich, Eggenzinken reinigte oder andere vergleichbare Tätigkeiten erledigte), sondern auch ein Teil musikalisch sonst eher anders gepolter Dorfbewohner, der einfach nur mal einen neugierigen akustischen Blick riskieren wollte. So war die Halle nicht schlecht gefüllt - allerdings im wesentlichen in ihrer hinteren Hälfte, wo sich auch die Getränkestände befanden; hätte man einen der Bierstände weiter nach vorn verlegt, links oder rechts neben die Bühne vielleicht, so wäre vorn deutlich mehr Betrieb gewesen als in der letztlich zustandegekommenen Situation, die durch eine anfangs nur recht zögernd und im ersten Liveblock gleich gar nicht okkupierte Tanzfläche gekennzeichnet war.
Hella Donna hatten allerdings auch einen riskanten Programmaufbau gewählt, denn sie starteten mit einem größeren Block an Eigenkompositionen, die außer dem Rezensenten und dem Veranstalter noch niemand im Saal gekannt haben dürfte, denn es handelte sich um Material vom zu dieser Zeit noch gar nicht veröffentlichten Album "Come On" bzw. der Single "Give Me Some Time/Starstalker". Und obwohl etwa "Walkin' Away", das die CD eröffnet und auch als Live-Opener gewählt wurde, zweifellos starken Melodicrock transportiert, gelang es der Band damit nicht, das Publikum aus der Reserve zu locken, denn diesem stand offensichtlich nach anderem der Sinn. Wonach, das sollte später deutlich werden - daß es Platitüden wie "Amsterdam" oder "Marmor, Stein und Eisen bricht" bedurfte, um das Publikum zu "knacken", während außer dem Rezensenten offensichtlich nahezu keiner der Anwesenden einen Toto-Klassiker wie "Hold The Line" zu goutieren wußte, sprach letztlich Bände und nicht gerade für den Geschmack der Masse. Hella Donna brachten es nichtsdestotrotz kunststückhalber fertig, sich dem Publikumszielniveau zwar anzunähern, aber vorm Untergang in selbigem immer wieder einen Rettungsanker zu werfen, der deutlich machte, daß man es mit hervorragenden Musikern zu tun hatte, die hervorragende Fremdkompositionen hervorragend umsetzen konnten. Dabei kreuzte die Band quer über den Ozean der Pop- und Rockmusik der letzten 40 Jahre, setzte den Härteendpunkt nach oben mit dem begeistert gefeierten "Highway To Hell" (zu dem ein besonders enthusiastischer Besucher - nein, nicht der Rezensent - das Kunststück fertigbrachte, Hand in Hand mit seiner Partnerin fast klassisch zu tanzen und gleichzeitig wild headzubangen) und baute selbst in eher stromlinienförmige Songs den einen oder anderen Gimmick ein; "Mama Maria" etwa wurde aus dem Handgelenk heraus plötzlich beschleunigt, während andere Songs mittels eines überraschenden Reggaeeinwurfs eine vom Original her nicht gekannte Dynamik erhielten. Melissa Etheridges "Like The Way I Do" enthielt erstaunlich früh im Set ausgedehnte Solopassagen, welche die Klasse der Instrumentalisten deutlich unterstrichen, und René Voigts Baßsolo dürfte wohl das erste seiner Art gewesen sein, das 80% der Anwesenden jemals live gesehen bzw. gehört haben. Einzig der Sound ließ bisweilen ein wenig zu wünschen übrig - zwar blieb die Gesamtlautstärke auf einem sehr angenehmen Level, jedoch hätte man bisweilen einzelne Komponenten noch etwas schärfer herausarbeiten sollen. Das galt besonders für die Keyboards, die man stellenweise nur dann hörte, wenn Heiko gerade solierte, aber auch für Cindys Gesang sowohl in Lead- als auch in Backingfunktion. Dagegen war Sangespartner Oli über weite Strecken sehr gut zu vernehmen und rechtfertigte diese akustische In-den-Mittelpunkt-Rückung auch mit einer erstklassigen Leistung quer durch ein immens breites Stimmspektrum, das sein Optimum nichtsdestotrotz in den höheren Lagen fand, während Cindy eher über eine traditionelle Powerstimme verfügt, bei der man sich angesichts ihrer nicht eben immensen Körpermaße wundert, wo sie diese denn herholt. Drummer Tim legte für jeden Stil eine solide Grundlage, und Gitarrist Sven blühte besonders dann auf, wenn er mal wieder in bester Siebziger-Manier nach Herzenslust drauflosskalieren konnte. Nicht jedes musikalische Experiment klappte auf Anhieb (so brauchten die Soundmenschen eine Strophe Anlaufzeit, um die Megaphonparts im alten Buggles-Hit "Video Killed The Radio Star" hörbar zu gestalten), und auch die Publikumsresonanz bewegte sich auf stark schwankendem und rational nicht erklärbaren Niveau - mit einzelnen Songs leerte sich die Tanzfläche genauso rapide, wie sie sich mit anderen (relativ!) gefüllt hatte, ohne daß man ein nachvollziehbares Prinzip im Hintergrund erkannt hätte. Gegen Ende - es ging immerhin auf 2 Uhr zu, also fünf Stunden nach Konzertbeginn, wobei Hella Donna wie in solchen Fällen üblich vier Blocks mit jeweils ca. viertelstündiger Pause gespielt hatten - machte sich eine gewisse allgemeine Müdigkeit im Publikum breit, so daß man auf Zugabeforderungen verzichtete. Insgesamt hatte man bisweilen den Eindruck, hier würde die richtige Band vor dem falschen Publikum spielen, wenngleich sich diese scheinbare Diskrepanz an anderen Stellen wieder zu relativieren trachtete, und so waren am Ende skurrilerweise alle zufrieden - ein Kunststück, das man auch nicht allzuoft antrifft. Jedenfalls können Hella Donna sowohl mit ihren Covers als auch mit ihren Eigenkompositionen überzeugen und sollten vom Rockfan (in seiner breitesten Definition) bei passender Gelegenheit auf jeden Fall angecheckt werden. Termine und alle weiteren Infos gibt's auf www.helladonna.com

Eine der real gespielten relativ ähnliche Setlist:
Intro
Walkin Away
Give Me Some Time
Starstalker RMX
Like The Way I Do
My Heart
Hot Nights
I Wanna Rock - Intro
U And Ur Hand
Africa
Big In Japan
Trouble
Fuck
Fairytales Gone Bad
Sweet Home Alabama
Irgendwie, irgendwo, irgendwann
Simply The Best
Walking On Sunshine
I Want You To Want Me
Twist And Shout
Rockin' All Over The World
Who Knew
Hold The Line
Amsterdam
Summer Of 69
Volare
Video Killed The Radio Star
Mama Maria
Viva Colonia
Narcotic
It's My Life
Westerland
Country Roads
Marmor, Stein und Eisen bricht
Be My Baby
I Love Rock'n'Roll
We Will Rock You
Hang On Sloopy
Highway To Hell
Angel
Kling Klang
Jump
Eye Of The Tiger
Bad Moon Rising
Aloha Hey
Wicked Game
Zu spät
Come On
Nutbush City Limits
Proud Mary
Material
I'm Just A Girl
What's Up
Ironic
Stand By Me
Rebel Yell
Smooth Criminals
White Wedding
Knocking On Heavens Door
Starstalker (Videomix)
Winner Or Loser
Lonely Girl



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