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Sugato Nag & Abhijit Benerjee: A Concert Of Indian Classical Music 01.04.2007 Notre Dame (Indiana, USA), University Of Notre Dame
von ta
Sugato Nag? Na der indische Sitar-Spieler! Ist doch klar! Sugato Nag reist vornehmlich durch Asien und die USA und verzaubert die Leute mit technisch perfektem Sitar-Spiel. Im Gepäck dabei hat er seit einer Weile Abhijit Benjerjee mit seiner Tabla. Die Tabla ist ein kleines Trommelduo, das mit den Händen bespielt wird.
Am ersten April macht Sugato Nag in Notre Dame in Indiana Halt. Das universitäre Ambiente ist kein Zufall. Das Konzert findet im Rahmen der International Festival Week statt, die an der University of Notre Dame gerade zelebriert wird. Es finden sich nicht übermäßig viele Leute ein an diesem lauen Frühlingssonntag, 40 Stück vielleicht, die Hälfte davon in bunter indischer Tracht. In meinem Primordial-Longsleeve mittendrin denke ich kurz ans Verdrücken in die hinterste Sitzreihe, aber da geht der Spaß auch schon los und endet erst drei Stunden später, eine kurze Pause inklusive. Das Motto von Sugato Nag lautet nämlich - auch wenn er selbst es nicht weiß - "Mehr ist mehr", und zwar in jeder Hinsicht: Alles, was das klassische Sitarspiel ausmacht, zelebriert er in technischer Vollkommenheit und ausufernd. Das als "Abendmelodie" angekündigte erste Stück beginnt meditativ, extrem langsam und spartanisch. Sugato Nag kostet das Sustain seines Instruments aus, versinkt und lässt den Hörer versinken in dem minimalistischen strukturellen Schema einer Raag, die mit allerwenigsten Tönen auskommt. Dieses Versinken dauert 25 Minuten. In den 25 Minuten wird dann auch jedem klar, dass das Vibrato des Mannes nicht anders als vollendet zu nennen ist. Der charakteristische leiernde, weiche Ton wird geradezu durch die Intervalle gescheucht, nur mit einer Hand und einem Finger, oszillierend, feinfühlig. Ein amerikanisches Pärchen vor mir beginnt schon in Trance zu fallen und gerade als ich denke, dass es jetzt doch mal schneller werden könnte, jagt Sugato Nag seine ersten beiden Taans an diesem Abend über das Griffbrett. Moment mal, habe ich versehentlich doppelt so schnell gehört wie dieser Mann spielt? Offenbar nicht, denn bei Fuß folgt die nächste Highspeed-Orgie. Und noch eine. Und noch eine. Nein, langsamer werden die Taans an diesem Abend nicht mehr, und Sugato Nag hat viele davon im Gepäck, verdammt viele. Allein das Zuschauen ist ein Genuss: Im Gegensatz zur Gitarre, die man mit vielen Tönen sehr schnell und sauber innerhalb einer einzelnen Lage bespielen kann, weil man 6 Saiten dafür zur Verfügung hat, reduziert sich die Melodieführung bei der Sitar auf nur wenige der 18 bis 20 Saiten, höchstens drei, und von diesen drei wird hauptsächlich eine bespielt. Das hat zur Folge, dass die linke Hand bei Spielen eines schnellen Taan-Laufs mitunter enorme Sprünge zurücklegen muss. Erschwerend kommt außerdem der ellenlange Hals der Sitar dazu. Sugato Nag fegt über sein Griffbrett in beeindruckender Manier, frickelt sich wohlkoordiniert durch einen Berg Töne in kürzester Zeit und setzt dabei immer wieder die lieblichsten Ornamente - hier ein Vibrato, dort das Umflirren eines einzelnen Tones, da eine Hammer On-Attacke -, sein Spiel immer nur Sekunden unterbrechend für einen kurzen Griff in das Fingerpulver. Ich komme mir vor wie auf dem Raga-Tala-Pendant zu einem Satriani-Konzert, begeistert und verzaubert, das Pärchen vor mir schüttelt inzwischen nur noch ungläubig die Köpfe, im Minutentakt.
Trommelmann Abhijit Banerjee verkommt dennoch nicht zur Nebenfigur. Denn abgesehen von seiner überaus sympathischen Erscheinung bereichert er das Spiel von Sugato Nag sowohl rhythmisch als auch melodiös (die Tabla haben einen für Trommeln sehr melodiösen Ton), sparsam in den richtigen, gewaltig in den richtige Momenten. Der samtige Basston der großen Trommel beschwingt ebenso wie das metallische Fingerklackern auf der kleinen und für auffällige rhythmische Einlagen gibt es, wie für Sugato Nag auch, Szenenapplaus. Subtile Klangfarben werden besonders in der zweiten Hälfte des Konzerts in allergrößter Vielfalt in den Raum gemalt, die Musiker verständigen sich durch kurze Blicke und spielen ansonsten blind.
Sympathisch auch, dass Sugato Nag in seinen Ansagen nur kurz und sachlich die Parameter des jeweils folgenden Stücks erklärt, ansonsten der Musik das kommunikative Element überlässt. Und das ist wirklich hinreißend an diesem Abend.
Mehr Infos: www.sugatonag.com
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