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ProLife-Festival 2006   04.11.2006   Bautzen, TIK
von *tf

Ganz so sicher waren sich die Veranstalter, die evangelische Jugendarbeit in Bautzen und das Referat Bandarbeit beim Landesjugendpfarramt Sachsen, ja nicht, ob es nun das neunte oder das zehnte Festival seiner Art war. So einigte man sich schließlich auf Ausgabe neuneinhalb, um es dann im nächsten Jahr noch mal so richtig krachen zu lassen. Dabei konnten sich die Veranstalter auch über die aktuelle Ausgabe des Bandfestivals nicht beklagen.
Pünktlich zu Einlassbeginn strömten die Bautzener und Umgebungszuschauer herbei, so dass denn zu Beginn der Saal mit knapp 250 Leuten ordentlich gefüllt war. Die Zuschauerzahlen stiegen kurz nach Beginn des Festivals nochmals kurz an, so dass im weiteren Verlauf ungefähr 350 Leute meist sehr jugendlichen Alters die verschiedenen Programmpunkte goutierten.

Crazy Moves
Den Beginn markierte - ähnlich wie im letzten Jahr - eine tänzerische Einlage. Die Crazy Moves aus Bautzen sind ein Zusammenschluss tanzbegeisterter junger Damen, die es schafften, ihre Begeisterung dem zuschauenden Auditorium zu vermitteln. Kollektive wie solistische Tanzdarbietungen reichten von gängigen MTV-Moves bis hin zu Versatzstücken aus Breakdance und Modern. Ein gelungener Opener - wenn auch noch ausbaufähig.

Raid
Die Rolle des Anheizers hatten die Bautzener Raid übernommen, die vielleicht dem einen oder der anderen noch als First Aid von vergangenen Festivals in Erinnerung sind. Der Vierer mit vokalistischem Steuermann spielt Rock mit deutschen Texten, die Anstoß und Motivation zum Handeln sein sollen. Liedzeilen wie "Gib dich niemals auf, denn du bist nicht allein" scheinen da auch wegweisend für die Herren Naidoo & Co. für den aktuellen Hit gewesen zu sein. "Nutze die Zeit", so beschwören Raid die Zuhörer, denn "Zeit ist wie ein Dieb im Dunkeln". Das Publikum lauschte und applaudierte den guten Texten und der punkig bis schleppend vorgetragenen Mucke. Mal sehen, unter welchem Namen die Jungs im nächsten Jahr dabei sind.

Schachtelhalm
Schachtelhalm aus Chemnitz enterten als erste auswärtige Band die Bühne und brachten mit Lobpreisklassikern wie "Gib mir Zeichen" den Saal zum Schunkeln. Nach dem bekannten Coversong spielten Schachtelhalm Stücke mit christlichen Texten aus eigener Feder, die gut ankamen. Frontmann Philipp hatte die Kommunikation mit dem Auditorium gut im Griff, und so kamen Band und Publikum gut miteinander klar. Eingestreute Instrumentals wie "Quietscheentchen" - ein rhythmisch nicht uninteressantes Speedrockstück - machten klar, dass dem musikalischen Potenzial des Fünfers noch nicht immer das entsprechende Textmaterial zur Seite steht. Wie es klingt, wenn das der Fall ist, zeigten die Jungs dann noch in ihrem letzten Stück über "Komische Leute und ihre Zeitung", welches mit den Worten "christliche Bands müssen nicht immer nur christliche Texte machen" angekündigt wurde. Ein Riesenspaß mit ernstem Hintergrund für alle Beteiligten. Da kommt noch mal was ...

Today
Today nutzen dann wieder ihren Heimvorteil als Bautzener Kapelle aus. Drei junge Herren mit Superfrontfrau am Mikro zeigten wieder mal, dass Bautzen eine musikalische Ader haben muss. Die durchweg deutschen Texte und klaren Zwischenansagen überzeugten nicht nur den Rezensenten, sondern brachten das Publikum vor Begeisterung zum Toben. Die Innentemperatur des Saals hatte inzwischen Saunaniveau erreicht, was die Zuschauer nicht davon abhielt, sich heftig und rhythmisch oder jeweils heftig oder rhythmisch zu bewegen. Eine Stimmung, wie sie besser nicht sein konnte, teilweise auch etwas übermütig, was von besagter Frontfrau aber gut im Griff gehalten wurde. So forderte sie die ausgelassene Meute dazu auf, sich "Liebe mit Blicken" zuzuschicken und wählte geschickt auch die Reihenfolge der Songs so, dass nach fulminantem Höhepunkt eine Phase der Beruhigung eintrat.

Heavens Desire
Diese zog sich leider etwas länger hin als geplant, was den Waldenburgern Heavens Desire zum Nachteil geriet. Die Verschnaufpause führte aber auch dazu, dass sich die Anwesenden mit den christlichen Texten des Fünfers mit Frontfrau beschäftigen und auseinandersetzen konnten. Für die Waldenburger war dies der erste auswärtige Auftritt überhaupt, und den führten sie souverän und sicher durch. Schade, dass für die "Freude, die von innen kommt", die Energie des Publikums pausierte. Der freundliche Applaus zeigte jedoch, dass die bekannten Lobpreissongs des Vierers gut ankamen.

The Haureins
Nach kurzer Umbaupause enterte dann wieder ein Bautzener Ensemble die Bühne. The Haureins spielen, wie der Name offenbart, noch nicht allzulange zusammen. Das tat der Stimmung allerdings keinen Abbruch, denn die vorgetragene Musik ließ kein Tanzbein ungeschwungen. Von den Musikern als Ska angekündigt, bewegte sich die Musik dann doch eher im Bereich Elektropolka. Eine dufte Stimmungsmucke, die mit instrumentaler Raffinesse, u.a. Trompete (ein Ska-Muss) und Akkordeon (eher ungewöhnlich), vorgetragen wurde. Traditionelle Weisen mischten sich mit der wirklich witzigen Bearbeitung des Kraftwerk-Klassikers "Das Model", welches einen würdigen Schlusspunkt setzte.

Projevu Radosti
Die diesjährigen tschechischen Gäste gehörten eher der harten christlichen Muckerfraktion an. Projevi Radosti, was etwa soviel wie "Ausdruck der Freude" bedeutet, kommen aus Usti nad Labem und spielen "PsychoCore", was an sich ja schon die gängigen Klischeereaktionen hervorrufen dürfte. "Psycho" und "Core" war instrumental denn auch durchaus ernstgemeint. Neben einer monumentalen Gitarrenverstärkerwand konnte man Instrumente wie Megaphon oder Heizkörper bewundern. Die Energie der Performance war überwältigend und auch die Bautzener Headbanger-Fraktion kam zum ersten Mal bei diesem Festival auf ihre Kosten. Der völlig wahnsinnige Vortragsstil der Combo war für die bereits tschechencombogeprüften Bautzener nichts essentiell Neues, die Art und Weise, wie hier musikalische Filigranität und bombastische Soundwand miteinander verwoben wurden, kam denn doch überraschend. Noch überraschter war das Publikum, als es merkte, dass es sich hier um eine durch und durch christliche Kapelle mit missionarischen Texten handelte. In liebenswertem böhmisch-akzent-durchwirktem Deutsch wurden die Bibelstellen zu den jeweiligen Songs zitiert. Passend war beides. Passgenau. Wenn man sich vorstellt, welche musikalische Umsetzung zu "und sie verwunderten sich über seine Lehre, denn er predigte mit Vollmacht" passen könnte, würde man sicher nicht allzu weit weg von der Umsetzung durch Projevi Radosti landen. Ein Volltreffer fürs Festival - eine Entdeckung fürs Publikum.

Nach dieser geballten Ladung war dann doch die Power des Auditoriums etwas hinweggeschmolzen, so dass es Jenix aus Zittau schwer fiel, die Leute noch mal zum Mitmachen zu motivieren. Zudem waren vor allem die jüngeren Zuschauer schon in heimische Gefilde entschwunden. Dass es dennoch gelang, eine gute Stimmung zu zaubern, lag sicher zum großen Teil an der schon ziemlich professionellen, abgeklärten Art des Vierers mit Sängerin, die bereits einige Preise im Nachwuchssektor abgeräumt haben. Die teils melancholischen, teils Midtempo-Nummern orientieren sich an den großen musikalischen Vorbildern unserer Zeit, ohne jedoch all zu deutlich zu kopieren. So gelingt Jenix eine Mischung, die bekannt und dennoch neu und interessant klingt. Die englischen Texte kreisen um das Thema Nummer eins. Damit kann man nicht viel falsch machen. Machten Jenix auch nicht und lieferten einen würdigen Abschluss des Festivals.
Man kann auf das nächstjährige Jubiläum gespannt sein.

Weitere Bilder unter http://www.kulturarbeit-sachsen.de/prolife2006/
 






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