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Christliches Rock-Special   25.02.2006   Dorfchemnitz, Turnerheim
von *tf

Zum christlichen Rockspecial im Turnerheim von Dorfchemnitz trafen sich am 25. Februar ca. 150 Leute, um den Klängen von Gideon, Cottonbomb und Tobias Richter zu lauschen. Fast alle Zuschauer waren Zugereiste der näheren Umgebung, wobei man eine starke Fraktion von Cottonbomb-Fans bereits zu Beginn ausmachen konnte.

Heidi Adamczak

Tobias Richter alleine
Das Konzert startete nach der Begrüßung durch die Moderation Heidi Adamczak mit der Formation Tobias Richter & Freunde, wobei der Singer-Songwriter aus Chemnitz zunächst solo an den Start ging. Richter, nur mit Gitarre und Stimme ausgerüstet, zog mit seinem wohltönenden Organ auch die Freunde härterer Mucke auf seine Seite. Die deutschsprachigen Songs waren sehr persönliche Glaubenszeugnisse, die in poetischer Form auf den Punkt gebracht wurden. Richter, als der "deutsche Michael Bolton" gehandelt, hat einen eigenwilligen Stil, der von der Form her an bereits gehörtes erinnert, vom Inhalt her dagegen immer Richter pur ist. In Zwischentexten erläuterte er dem Publikum mit ruhiger Stimme und nachdenklicher Direktheit seinen künstlerischen Ansatz ebenso wie die jeweils folgenden Songs, was im Dorfchemnitzer Turnhallen-Kneipen-Mehrzweck-Saal eine nahezu intime Atmosphäre schaffte. Seine Lieder sind, bestimmt durch ihre direkte, persönliche Ebene, kleine Offenbarungen, die zwischen echtem Tiefgang und der Ästhetik eines Xavier Naidoo mit Gitarre pendeln. Mühelos schafft er es, trotz einer in sich gekehrten Musizierstellung mit durchgängig geschlossenen Augen, das Publikum kraft seiner Stimme zu erreichen, was für sie spricht. Musikalisch bewegt er sich dabei zwischen Liedermachersound, "Kammergroove" und Elektroblues. Letztere Sounds waren vor allem ab der zweiten Hälfte des Sets zu vernehmen, als dann auch zwei seiner Freunde (aktiv in Soundjack-Kreisen) zu ihm auf die Bühne geklettert waren. Das Phänomen, dass ein Trio auch ohne Schlagzeug irre grooven kann, erlebte ein Großteil des Publikums sicher zum ersten Mal. Das war den erstaunten Gesichtern der wilden jungen Menschen deutlich zu entnehmen. Nach Verklingen des letzten Tons enterte die Moderatorin des Abends die Bühne, um zu verkünden, dass Richter auch ein zweites Set für den Abend im Gepäck habe, welches er nach dem Set von Gideon aufzuführen gedenke. Also: Wir treffen ihn im unteren Teil des Konzertberichts noch einmal wieder.

Im Nebel: Gideon  Im Regenbogenlicht: Gideon
Bevor Gideon nun auf die Bühne kommt, ein kurzes Wort zu ihr selbst. In der Form und Gestaltung eine astreine Gasthofsaalbühne früherer Zeiten, war sie ausgestattet mit zeitgemäßer feiner Technik (an den Reglern: Thomas Preiß) und farbenfroher Beleuchtung. Auf so einer Bühne macht es einfach Spaß, zu spielen. Und so waren alle gespannt, wie sich dies im Set von Gideon, die zumindest geographisch Heimvorteil genießen konnten und mit viel Elan und Energie das Konzert überhaupt erst ermöglicht haben, widerspiegeln würde. Die Mannen der Combo wurden denn auch von der Moderatorin und dem Publikum freundlich begrüßt. Man war gespannt. Gideon klang rockig wie man es erwartet hatte und vermochte auch älteren Songs noch ein deftiges Gewand zu verpassen, was sich gleich beim Opener "Mammon" zeigte. Auf den Song, der alle musikalisch und textlich wichtigen Gideon-Elemente enthält und also geradezu prädestiniert für den Beginn eines Konzerts ist, folgte eine adaptierte Version von "We Will Rock You" mit deutschem Strophentext, den man allerdings nur mühsam verstehen konnte. Hier setzte die Akustik der Halle dem klangtechnisch Machbaren ebenso deutlich Grenzen wie der Geschwindigkeit des Textvortrags. Und da die Dorfchemnitzer Lokalmatadoren hier im Gegensatz zum Startmenü von Tobias Richter einiges drauflegten, waren sie zwangsläufig im Nachteil. Das ist schade, sind doch die Texte der Combo hörens- und verstehenswert. Dass Gideon auch Reaktionen des Publikums verdient hat, sagten sich die ersten Mutigen beim dritten Song des Sets und wagten sich als Pogotänzer auf den Bühnenvorplatz. Schade war nur, dass sich besagter Song außer in den kurzen Refrainteilen nun überhaupt nicht für solcherlei Körperbewegungen eignete, worauf dann auch die Tanzenden sehr schnell wieder zu ihren Rückzugsgebieten im hinteren Saalbereich eilten. Das folgende Stück "Wo bist du?" beginnt mit einem Intro, welches eigentlich an den Beginn eines Sets gehört. Es überzeugt sowohl in der musikalischen wie auch in der textlichen Gestaltung und stellt die These auf, dass nicht Gott für das Elend in der Welt zur Verantwortung gezogen werden kann, sondern dass wir für unser Handeln selbst verantwortlich sind, weil Gott uns ein Gewissen gegeben hat. Einer These, der man sich gut anschließen kann und so sahen's auch die Zuschauer, die das Lied heftig beklatschten. Als nächstes kam mit "Mercy Is Falling" eine Übernahme aus dem Repertoire von Lothar Kosse zu Gehör, die auch im späteren Verlauf des Abends, dann allerdings in einer wesentlich rockigeren Version, noch einmal gespielt wurde. "Angst" stellte sich nicht ein, lautete aber der Titel des anschließend intonierten Songs. Schade auch hier, dass der Text nur schwer verständlich war. Somit ließ die Aufmerksamkeit des Publikums merklich nach, was nicht nur ganz allgemein sehr schade war, sondern auch dem Song gegenüber nicht angemessen. Dazu kam die Schwierigkeit, dass man vor allem Frontsänger Heiko Gödel inmitten des von Anbeginn des Sets an nahezu pausenlos zischenden Bühnennebels schwer ausmachen konnte. Wie sich der Nebel auf Artikulationskraft und Stimmvolumen beim Singen auswirkt, soll an dieser Stelle nicht näher thematisiert werden. "Krieger des Lichts", welche nach "Angst" erklangen, ist ebenfalls ein starker Titel aus der Dorfchemnitzer Songschmiede. Frontmann Heiko schwenkte die immer noch beachtliche Matte im Rhythmus - umwabert vom Nebel: zusammen mit der passenden Beleuchtung ein wahrhaft starkes Bild. Die Arno-Backhaus-Übernahme "Zehn kleine Christen" klang nicht so frisch wie sonst, was sicher auch mit der spärlichen Publikumsreaktion zu tun hatte. Vielleicht sollte so ein Titel auch weiter vorn platziert werden, aber da kann man durchaus verschiedener Meinung sein. Das schon angekündigte zweite Erscheinen von "Mercy Is Falling" deutete dann schon auf das baldige Ende des Sets hin, welches traditionsgemäß durch den Song "Heiligabend" angezeigt wurde. Spätestens bei diesem Lied, das schon seit Urzeiten im Gideon-Repertoire zu finden ist, war nicht mehr zu überhören, dass der Nebel auch die Stimme von Heiko erreicht hat. Passend zum Stück war's natürlich, aber man merkte schon, dass das Singen Kraft kostete. Und so waren Gideon sicher zu einem Teil auch ganz froh, dass man sie ohne Zugabenforderung von der Bühne ließ.

Tobias Richter samt Freunden
Diese wurde wieder von Tobias Richter und dem mittlerweile auf drei Begleitmusiker angewachsenen Freundeskreis erklommen, wobei der Protagonist nun seine englischsprachigen Songs präsentierte. Sparsam und doch dicht arrangiert, konnten sie an das atmosphärische Potential des ersten Sets anknüpfen. Als Vergleich für den Sound und vor allem für die dunkle, charismatische Stimme von Richter scheint mir Gordon Haskell am passendsten zu sein. Nach dem Opener folgte mit "Running With The King" eine etwas rockigere Nummer, wobei die Intensität der Uptempo-Songs einzig und allein durch zunehmende Dichte und nicht durch Lautstärke erreicht wurde. Dazu passend Richters Ausstrahlung trotz völlig introvertierter Haltung während des Liedvortrags. Der Typ wirkt allein durch seine Stimme. Klasse! Um Stimmen ging's denn auch im Song "Wahrer Gott", der die Frage stellte, welcher Stimme wir im Gewirr religiöser Angebote vertrauen können. Thematisch passend die Philosophie des musikalischen Herangehens. Dies scheint unter der Maxime "Weniger ist mehr" zu stehen und setzt auf sparsame Instrumentierung, gelegentliche instrumentale Überraschungen, wohldosierten Satzgesang und ein energetisches, "besenbetriebenes" Schlagzeug. Das "Weniger ist mehr" galt offensichtlich auch fürs angereiste Auditorium, da nur ein geringer Teil der Zuschauer im Saal ergriffen lauschte und das Gros Richters Set eher als wohltuende akustische Untermalung ihrer Gespräche nutzte.

Die Front von Cottonbomb: Sänger Martin und Gitarrist Mario  Würdige Headliner: Cottonbomb
Nach kurzem Umbau ging es dann weiter mit Cottonbomb, die bereits vorm Erklingen des ersten Tons für den überwiegenden Teil der Zuschauer als die Headliner des Abends feststanden. War Tobias Richter so etwas wie die Ruhe vor dem Sturm, ging's jetzt krachend und in merklich gesteigerter Lautstärke richtig zur Sache. Bluescore nennen sie selbst ihre Mucke und beides ist reichlich in ihren Songs vertreten. So klingt eine Mischung aus Blues und Countryrock heute, in unserer lauten Zeit. Füllte sich zu Beginn das Bühnenrund nur zögerlich, war der Raum jedoch bereits nach dem dritten Stück mit schwitzenden Pogogestalten gefüllt. Cottonbomb spielen laut und roh, das allerdings wirklich gekonnt. Hier ist Schlagzeugspielen noch schwere körperliche Arbeit (vgl. die Schlagzeugspielcharakterisierung bei Richter einige Zeilen vorher) und die Gitarren werden mit kraftvoller Liebe gespielt. Der Sound des Basses bewegt sich irgendwo zwischen ganz tief und ganz verzerrt und passt somit wundervoll zu den anderen Instrumenten. Und der Nebel auf der Bühne ist hier auch richtig viel und richtig gut. Cottonbomb schaffen es durch die schnelle Aneinanderreihung ihrer Songs, das Publikum bei Laune und dicht am Bühnenrand zu halten. Die Ansagen von Frontmann Martin sind einfach, aber wirkungsvoll á la: Lass uns nicht lange bei der Vorrede aufhalten, sondern rocken was das Zeug hält. Und so treiben uns wimmernde Gitarren und pumpende Bässe mit einem geradezu körperlich erfahrbaren Sound durch das Set, welches von einer überzeugenden Bühnenperformance zusammengehalten wird. Die Posen sind nicht nur gut einstudiert, sie wirken auch echt. Zu den Inhalten der Songs selbst kann ich nicht viel sagen, weil der Text bei Cottonbomb offenbar keine gleich wichtige Rolle wie Musik und Performance spielt. Aber man kann die Lyrics auf der Homepage der Band nachlesen. Die Homepageadresse prangte unübersehbar am Schlagzeugpodest und soll ebenso wie die Kontaktmöglichkeiten für Gideon und Tobias Richter das Finale dieses Beitrags bilden. Doch zuvor noch ein großer Dank an alle Organisatoren und Helfer, die diesen Event ermöglicht haben. Solche qualitativ hochwertigen wie abwechslungsreichen christlichen Konzerte im öffentlichen Raum braucht's mehr im Sächsischen. Ein lebendiger missionarischer Ansatz, der rundum als gelungen bezeichnet werden kann.

Tobias Richter: Telefon 0371-5430838; http://artists.sound7.de/tobiasrichter
Gideon: www.gideon-rockt.de
Cottonbomb: www.cottonbomb.de
 






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