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HIM, The Rasmus, Negative 11.02.2006 Mannheim, Rosengarten (Mozartsaal)
von gl
Endlich mal wieder ein Konzert, von dem man berichten kann, dass es ausverkauft war. Und nicht nur hier, die ganze Tour mit 8 Shows glich einem finnischen Triumphzug durch Deutschland mit über 40.000 Zuschauern!
Bereits um 8.00h morgens campierten die ersten Fans vorm Rosengarten, um auch ja direkt vor die Bühne zu kommen ... Angesichts des großen Andrangs von ca. 4000 Leuten hätte man doch wirklich den Einlass etwas eher und vor allem geschickter durchführen können, aber nein: Als NEGATIVE um genau 19:47h ihren Set beginnen, warten noch Hunderte auf die Prozedur am Eingang. Wir hatten es gerade Minuten zuvor geschafft, und zu bereits jetzt recht hohem Kreischpegel stürmen die Sechs die Bühne. Ihre Platte ist ja schon alles andere als "Gothic" (weiß auch nicht, wo manche Reviewer ihre Ideen her haben, vielleicht schreibt auch der eine vom anderen ab!), denn NEGATIVE starteten Heavy Metal-like und voller Elan in einen klasse Set. Nur was etwas proletenhaft kam: Die Rumspuckerei auf der Bühne, was schon ein anderer Konzertbeobachter letztes Jahr irritierend berichtete. Sänger Jonne Aaron hat jedenfalls seine besten Kompositionen des Albums "Sweet & Deceitful" sowie die Coverversion von Neil Youngs "My My, Hey Hey" mit seiner bunten Bande gespielt. Und es flog auch mal 'n Slip oder BH auf die Bühne, ob das was mit dem angestimmten "Let's Fuck"-Sprechchor zu tun hat, dessen Text mit Tape auf eine Monitorbox geklebt wurde, damit alle ablesen konnten? Und gerade als die sich extrem reinhängenden Youngster noch ein Lied anstimmen wollten, wurde ihnen wohl vom Stagemanager signalisiert, dass Sense ist und sie nun die Bühne zu verlassen haben!
THE RASMUS bzw. in Finnland einfach nur RASMUS waren eher der Co-Headliner als eine zweite Supportband, was sich an ihrem über 1-stündigen ebenfalls tollen Auftritt zeigte. Diese Band hat ebenfalls - auch wenn ich mit dieser Meinung wohl zur Minderheit zähle - mit Gothic wenig zu tun, sondern ist in meinen Augen einfach 'ne klasse Melodic-Rock Band, auch wenn sie nicht in diese Schublade einsortiert werden. Die Senkrechtstarter des Jahres 2003 mit über 1,5 Millionen verkauften Alben von "Dead Letters" haben weitaus mehr zu bieten als "In The Shadows", wie sie mit ihrer neuen Platte "Hide From The Sun" bewiesen haben. Und mit einer mutigen Songauswahl bei mitunter langem Material stellte das Quartett unter Beweis, dass sie eben nicht ein Hit nach dem anderen spielen, sondern schöne Lieder wie "Immortal" zelebrieren wollen. Und über mein Lieblingslied der Band "Still Standing" freute ich mich ganz besonders. Klar, die Singles wie "Sail Away" und "No Fear" kamen alle, der Auftritt machte sehr viel Spaß.
Es dauerte etwas, bis alle Kerzen der vier massiven Kronleuchter angezündet waren, die dann hochgehievt wurden, als HIM die Bühne betraten. Und man möge es mir verzeihen, dass ich bei der Band in Bezug auf das Songmaterial nicht so bewandert bin wie bei den anderen beiden Bands. Frontmann, Posterstar und Sänger Ville Valo steht während des gesamten Konzerts ketterauchend an seinem Mikronfonständer, in natürlich schwarzem Anzug, schwarzer Strickmütze und noch 'ne Sonnenbrille obendrauf. Sein Radius ist äußerst begrenzt, was aber nicht allzu stört, denn die Musik kommt gut und bisweilen recht heavy daher. Der Set wird heute sogar eigens erweitert um "In Joy And Sorrow" für HIM-Megafan Chris Glaub und den Chaos-Schachklub Mannheim. (3 Stunden zuvor hatten zwei Mitglieder von HIM noch in einer Kneipe gesessen, um bei einigen Jägermeistern ein wenig zu plaudern und Schach zu spielen mit ihren deutschen Kumpels. Wenn das mal all die schwarzbemantelten Gothic-Girls gewusst hätten ...!) Tatsächlich breitet sich ein wenig düstere Atmosphäre aus, während des oft melancholisch-dunklem Materials der Band, das viel zu sehr auf ihren Sänger reduziert wird.
Und da offenbart sich plötzlich eine nicht erwartete selten erfolgte Danksagung: Dass die Vorgruppen und Opener sich beim Headliner bedanken, ist ja gang und gäbe. Heute bedankt sich Ville nun im Gegenzug bei NEGATIVE und bei RASMUS! ("Wir verdanken ihnen viel") Überhaupt scheint das Zusammengehörigkeitsgefühl bei Finnen relativ ausgeprägt zu sein: Lauri Ylönen und Valo sangen ja auch mit APOCALPYTICA "Bittersweet" ein.
Über die komplette Konzertstrecke wirkten HIM phasenweise (zu) ähnlich bei einigen Liedern, für jemanden, der wie gesagt mit ihren Platten nicht vertraut ist, was sie aber mit einer tollen Zugabe wieder egalisierten.
Ein vollkommen stimmiges, gut zueinander passendes Package ließ wohl keinen unzufrieden heute abend. Und in diesem Konzert waren alles andere als "nur Minderjährige" anwesend, das dumme Gebabbel von einigen Schlaumeiern, die zudem gar nicht da waren, ist genau so Panne wie 5 Tage später, als wiederum auch nicht "nur Altrocker" zu Deep Purple/Alice Cooper erschienen.
Diese Bündelung von den zwei größten finnischen Bands sollte ein Hinweis sein, wie man wirksam gemeinsam Kräfte forcieren und noch einen Newcomer vor großem Publikum vorstellen kann, anstatt sich gegenseitig das Wasser abzugraben.
Fotos: Sabrina Braun
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