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Konzert für Franzi mit Grain, Vitamin C, Johannes Kleibl, Pichelsteiner Gevattern Combo   17.09.2005   Plauen, Markuskirche
von rls

Die 16jährige Franziska Glück aus Plauen hatte im Mai 2002 ebendieses oder aber ebendieses gerade nicht - je nach Betrachtungsweise: Einen unverschuldeten Verkehrsunfall überlebte sie nur mit schwersten Verletzungen. Einem wochenlangen Wachkoma folgten schrittweise Rehabilitationen, so daß sie heute, dreieinhalb Jahre später, mit Mühe wieder sprechen, einfache Handgriffe des täglichen Lebens selbst erledigen und sich trotz spastischer Halbseitenlähmung einige wenige Schritte ohne Rollstuhl fortbewegen kann. Trotzdem ist noch viel Zeit und Anstrengung vonnöten, um Franzi die Rückkehr in ein weitgehend selbständiges Leben zu ermöglichen, und dabei spielt eine Delphin-Therapie eine wichtige Rolle. Die ist hundeteuer und seitens der deutschen Kassen nicht als abrechenbare Leistung anerkannt, kann aber in vielen Fällen positive Auswirkungen auf den Rehabilitationsprozeß haben. Franzis Freundeskreis hat in Kooperation mit dem Zwickauer Verein Alternativ-Therapien für Kinder e.V. nun begonnen, Geld zu sammeln, um Franzi eine solche, derzeit nur in Florida mögliche Therapie zu finanzieren, und in diesem Zusammenhang kam auch das hier beleuchtete Konzert zustande, das vier vogtländische Bands/Projekte/Künstler des christlichen Spektrums zusammenführte und dessen komplette Erlöse (alle Beteiligten werkelten unentgeltlich) für die Delphintherapie Franzis investiert werden (es kamen summa summarum 1400 Euro zusammen).
Um von der Besucherzahl her nach oben flexibel zu sein, hatte man den akustisch günstigeren Markus-Gemeindesaal gegen den oberen Saal in der ehemaligen Hallenkirche eingetauscht, was die Tontechniker vor schwierige Aufgaben stellte. Unter dem sehr halligen Gewand hatte gleich die eröffnende Pichelsteiner Gevattern Combo zu leiden - weniger in bezug auf die Instrumente als vielmehr gesangsseitig, denn mit der Textverständlichkeit war's nicht weit her. Das Problem stellte sich allerdings als gar nicht so gravierend dar, konzentrierte sich die Truppe doch auf beim Publikum zumeist bekanntes Songmaterial der CVJM-Folgegeneration, und so sang das Auditorium Songs wie "Kopf und Herz sind wie ein Beet" zumeist problemlos auswendig mit. Meinereiner war überrascht, daß es die Truppe überhaupt noch gibt, hatte ich sie doch letztmalig vor etwa einer Dekade gesehen (das mittlerweile erreichte Bandalter von 23 dürfte den Altersdurchschnitt des diesmaligen Publikums ein gutes Stück überschritten haben); die Besetzung erwies sich allerdings als etwas verjüngt, hatte doch beispielsweise die blonde Sängerin zur Zeit des besagten letzten Konzertes vermutlich grade die Grundschule hinter sich. Das Konzert dieses Abends war in einem Falle auch das letzte, nämlich für den aus Studiengründen ausscheidenden Saxophonisten, und das ist schade, denn er drückte vielen der recht unspektakulären Songs deutlich seinen Stempel auf und erwies sich in manchen Passagen als wahres Tier an seinem Instrument. Diese Lücke dürfte nicht leicht zu schließen sein; möglicherweise bekommt der Posaunist (der übrigens auch noch ein mandolinenartiges Instrument spielte - auch eine seltene Kombination) in Zukunft etwas umfangreichere Aufgaben zugewiesen, da er durchaus schon mal andeutete, das Zeug zur Erfüllung selbiger zu haben. Highlight des Sets war nicht etwa einer der regulären Songs, sondern ein mit leicht spanischem Flair aufwartendes Instrumental unbekannten Titels (kann sein, daß der Sänger es angesagt hatte, aber wie gesagt, die Textverständlichkeit ...).
Als Einzelkämpfer an Gitarre und Gesangsmikro hatte Johannes Kleibl naturgemäß die geringsten Soundprobleme. In der Umbaupause war ein kurzer (tonloser)Infostreifen über die Delphintherapie zu sehen gewesen, und der lief während Johannes' erster Sethälfte noch einmal durch. Stilistisch wurzelte der Barde im klassischen Liedermacherterrain, fiel allerdings dadurch etwas aus dem Rahmen, daß Dinge wie Versmaße höhere Priorität besaßen als Dinge wie stringente Rhythmik (soll heißen: längere Verse wurden nicht etwa gekürzt oder auf schnellere Noten verteilt, sondern der Unterbau um Taktteile verlängert, was einigen Passagen einen geradezu progressiven Anstrich gab) und auch eine gestimmte Gitarre nicht unbedingt zur Grundausstattung jedes Songs gehörte (das wiederum ließ manchen Querverweis auf das akustische Schaffen diverser Grungebands Anfang der 90er zu, was den Hörer wahlweise zu zustimmendem Kopfnicken oder unverständlichem Kopfschütteln animieren konnte). Sehr schön (da waren sich mal fast alle einig) kamen diverse der Zwischentexte, an der Spitze derjenige über den Indianer und die Weißen, die in der Großstadt unterschiedliches Hörverhalten an den Tag legen: Der Indianer hört das Zirpen der Grille im Weinlaub an einer Hauswand, die Weißen dagegen hören den gleichlauten Klang einer zu Boden fallenden Münze. Johannes' Optik paßte sich dem Tenor der Geschichte irgendwie an, das Publikum gönnte sich nach den frenetischen Reaktionen bei den Pichelsteinern erstmal eine Ruhepause, wobei analoge frenetische Reaktionen allein schon stilbedingt aber auch unwahrscheinlich gewesen wären.
Die folgende Umbaupause gehörte in Teilen einer (allerdings recht wenig jugendgemäßen) Andacht, bevor sich Vitamin C auf die Bühne zwängten. Der kopfseitig starke Jugendchor fuhr ebenfalls ein relativ klassisches Jugendarbeits-Programm auf, hatte noch mehr mit der Akustik zu kämpfen als die Pichelsteiner, projizierte allerdings intelligenterweise die Texte der Songs an eine Leinwand im Altarraum, so daß auch hier ausgedehnten Mitsingaktivitäten des Publikums nichts im Wege stand. Die bei einigen Songs mitwirkende Violinenfraktion konnte man überhaupt nicht hören, und selbst die Solostimmen hatten es sehr schwer, sich irgendwie Gehör zu verschaffen. Die Stimmung im Auditorium war trotzdem prima, die offensichtliche Sing- und Spielfreude auf der Bühne steckte genug an. Nicht bedurft hätte es des Clapton-Covers "Tears In Heaven", dessen eskapistische Emotionalität in der Großbesetzung und mit einem elektronifizierten Drumpad nicht adäquat reproduziert werden konnte. Es sollte allerdings der einzige Schwachpunkt in einer sonst gelungenen Setlist (mit ordentlichen Umsetzungen von beispielsweise "Mercy Is Falling") bleiben, welche auch drei Tanznummern enthielt.
Bands namens Grain dürfte es weltweit vermutlich Dutzende geben - die so benamten Vogtländer fielen allerdings nicht in die Gefahr, demnächst irgendwie mit einer der anderen Bands in Konflikte zu kommen, geriet ihr Poprock doch über weite Strecken recht unspektakulär, obwohl gute Ideen keineswegs abwesend waren. Der Leadgitarrist ließ in seinen Soli beachtliche Spielfreude aufblitzen, die im Songmaterial allerdings nur selten einen Widerhall fanden; allzu bedächtig schlichen viele der Kompositionen von der Bühne. Auch Grain projizierten die Texte an die Leinwand, und die (optisch ausgesprochen attraktive) Sängerin möchte ich vor der Abgabe einer Wertung des akustischen Schaffens gerne nochmal in sauberem Soundgewand hören. Den Löwenanteil des Gesangs übernahm allerdings der Rhythmusgitarrist, der mit seinem Hut irgendwie an einen verkappten Deutschrocker erinnerte. Potential ist bei Grain offenbar da - aber es muß genutzt werden. Das Publikum war mittlerweile wieder deutlich ruhiger geworden.
Zum Abschluß versammelten sich fast alle Beteiligten nochmal auf der Bühne, um zweieinhalb Songs gemeinsam zu intonieren (der letzte wurde nach der Hälfte abgebrochen, da alle schaurig-schön aneinander vorbei musizierten). Im wesentlichen hörte man da allerdings fast nur noch den Pichelsteiner-Saxophonisten und den Grain-Leadgitarristen, die sich einige interessante Duelle lieferten (vermutlich sollten die beiden gemeinsam 'ne Band aufmachen ...), während die Sangesriege fast nur noch Staffage bildete. Man hätte in akustischer Hinsicht also vermutlich doch im unteren Gemeindesaal bleiben sollen, zumal auch die letztlich anwesende Publikumszahl dort reingepaßt hätte. Aber sonst war's ein durchaus gelungener Abend.
Wer Franzi helfen möchte, die benötigte Summe für die Delphintherapie zusammenzubekommen, kann dies mittels einer Spende an folgende Bankverbindung tun:
Empfänger: Alternativ-Therapien für Kinder e.V.
Verwendungszweck: Delphin-Therapie für Franzi
Kreditinstitut: Deutsche Bank
BLZ: 87070000
Kontonummer: 3645678
Weitere Infos können auch unter den Mailadressen Jens.Hildebrand@atfk.de oder info@atfk.de eruiert werden.



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