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Rock Hard Open Air   28.-30.05.2004   Gelsenkirchen, Amphitheater
von tk

Nach dem letztjährigen Jubiläumsfestival und den durchweg guten Reaktionen sahen sich die Rock Hard-Macher in ihrem Vorhaben bestätigt, eine Fortsetzung dieses Festivals zu installieren, so dass man auch in diesem Jahr zu Pfingsten wieder ins idyllische Amphitheater nach Gelsenkirchen pilgern durfte, um metallische Musizierkunst satt zu konsumieren. Aus Interessen- wie auch Zeitgründen mußte ich meinen Besuch allerdings auf den Sonntag beschränken, was sich durchaus als richtige Entscheidung herausstellen sollte.

Das eigentlich angedachte Billing
Den pfingstsonntäglichen Reigen eröffneten die deutschen Thrash/Black/Death-Underground-Helden DESASTER, die mit einer energiegeladenen Show aus besten Old-School-Elementen der zahlenmäßig noch nicht allzu großen Menge an Besuchern entsprechend einheizten und für erstes kollektives Mattenschütteln sorgten. Auch wenn der Sound einige Wünsche offen ließ, konnten die Mannen aus Koblenz dieses Manko durch eine Vielzahl an kernigen Riffs und exzessivem Posing kompensieren. Als Opener waren DESASTER sicherlich eine gute Wahl.
Die Kanadier INTO ETERNITY machten es mir anschließend ungeachtet ihres derzeitigen Erfolges allerdings nicht leicht, so richtige Begeisterung für deren Musik zu entwickeln. Der Mix aus klassischem Prog.Metal und modernem Death Metal wirkte stellenweise ziemlich zerfahren und ziellos. Zweifelsohne offenbarte die Band auf der Bühne ein unglaubliches spieltechnisches Potential und hat hervorragende Instrumentalisten und einen bemerkenswert variablen Sänger in ihren Reihen. Wo der Fünfer mit seinem intensiven metallischen Gebräu nun aber hin möchte, konnte ich zumindest nach diesem Gig noch nicht erkennen. Dennoch feierte eine große Zahl an Metalheads die experimentierfreudigen Nordamerikaner ordentlich ab.
Wesentlich leichter verdaulich präsentierten sich da die dänischen Röchelbarden ILLDISPOSED, die für die nicht angereisten Amis MALEVOLENT CREATION eingesprungen waren. Zwar war das Songmaterial der Nordlichter eher durchschnittlicher Natur, vor allem wenn sich modernere Metalcore-Elemente in das intensive Todesmetallgebräu mischten. Aber zumindest der grunzgurgelnde Frontmann der Band sorgte nicht nur mit ultratiefen vocals, sondern auch mit fast schon kabaretttauglichen Ansagen auf Deutsch für gute Stimmung.
Einen extremen Stilbruch in der Running Order gabs dann mit dem nachmittäglichen Auftritt der deutschen Melodic-Hardrock-Institution PINK CREAM 69 zu verzeichnen. Zwar schätze ich das 91er Werk "One Size Fits All" der Süddeutschen außerordentlich, besitze aber auch nur eben jenes und konnte mich bei gezieltem Hinhören des Eindrucks nicht erwehren, dass die Stücke aus der frühen Schaffensphase der Band mehr zündeten als das neue Songmaterial. Herausragend präsentierte sich vor allem Sänger David Readman, der angesichts einer eher durchschnittlichen spielerischen Gesamtleistung der Band wertvolle Akzente setzen konnte.

Zwei Kirchenmitglieder  Drei Kirchenmitglieder!
Am Geburtstag der Kirche gehört es schon fast zum guten Ton, dass dieser in Form einer metallischen Ausgießung gebührend gefeiert wird. Der Auftritt der US-Metal-Legende METAL CHURCH war somit die allerbeste Wahl, die man dem Ereignis entsprechend treffen konnte. Habe selten vor einem Gig eine solch knisternde Spannung erlebt. Was dann folgte, lässt sich fast nicht mehr in Worte fassen. Der Fünfer aus Seattle erteilte nicht nur dem Publikum, sondern auch allen beim Festival auftretenden Bands eine Lehrstunde in Sachen Power Metal, veranstaltete ein Bühnenfeuerwerk der Extraklasse - und das alles ohne große Lichteffekte oder sonstigen überflüssigen Pyrotechnik-Schnickschnack. Mit Ronny Munroe hat man sich eine absolute Ausnahmeerscheinung unter den Metalshoutern dieser Welt geangelt. Die Stimme des Mannes ist wohl nicht gegen Gold aufzuwiegen und veredelte die Stücke der legendären ersten beiden METAL CHURCH-Alben genauso wie die der neueren Songs des im Juli erscheinenden Albums "The Weight Of The World". Die Band spielte sich förmlich in einen Rausch, flippte herum, ließ sich von den begeisterten Reaktionen des Publikums anstecken und wurde gnadenlos abgefeiert. Nix alte Säcke, das war einfach nur Headbanger's Heaven, nicht zu toppen!!!

Dark Tranquillity
Nach soviel Dauerohrgasmen brauchte es einige Zeit, bis ich wieder empfangsbereit war für anderweitig metallischen Stoff, dennoch konnten mich die Schweden DARK TRANQUILLITY, die als wichtige Vertreter des Melodic-Death-Genres angereist waren, überzeugen und zogen ihren Gig souverän durch, ohne spielerische Schwächen erkennen zu lassen. Die Melodien des Sextetts hatten jedenfalls einen hohen Wiedererkennungswert und bissen sich unweigerlich im Gehör fest. Phasenweise erinnerten sie mich an IMMORTAL SOULS.

Rage
Egal wo das intensivste Power Metal-Trio dieses Planeten aufläuft, für gute Stimmung ist in jedem Fall gesorgt. RAGE feierten mit ihrem Auftritt in Gelsenkirchen so etwas wie ein Heimspiel und hatten die Fans vom ersten Ton an auf ihrer Seite. Der Sound war nun auch wirklich amtlich und dem Status der Band angemessen. Schade nur, daß man lediglich eine Stunde für Peavy, Mike und Victor vorgesehen hatte, denn diese Band hätte einfach mehr Spielzeit verdient gehabt. Die Songauswahl war dennoch exzellent, sogar für ein Drumsolo und eine kurze solistische Frickeleinlage blieb noch Zeit übrig. Peavy hatte die bangende Masse fest im Griff und gab zu erkennen, daß er mächtig stolz war, mit seinen beiden Sidekicks im Amphitheater auftreten zu dürfen. "Higher Than The Sky" war an diesem Festivalabend somit gar nix mehr, erst recht nicht der Auftritt der nachfolgenden Band.
Was auch immer der Ist-Stand in Sachen STRATOVARIUS augenblicklich sein mochte, ich habe jedenfalls nicht nachvollziehen können, warum diese Band im alten Line-Up zum Festival eingeladen wurde. (Dazu kann man auf www.rockhard.de eine interessante Newsmeldung lesen - Anm. rls) Vermutlich läßt es sich dadurch erklären, dass die Finnen in zu den erfolgreichsten und professionellsten Metalbands Europas zählten und die Fanbase immer noch entsprechend groß ist. Was Tolkki & Co. in Gelsenkirchen darboten, war nach meiner Beobachtung allerdings das, was aufgrund der im Vorfeld inszenierten bandinternen Querelen zu erwarten war: Ein statisch einstudiertes und lustloses Herunterspielen ihrer Setlist, wenig Engagement auf der Bühne und eine sehr offensichtlich zu Abend tretende bandinterne Kommunikations- und Interaktionsverweigerung. Lediglich Timo Kotipelto kümmerte sich in bewährter Form ums Publikum und unterstrich seine Entertainer-Qualitäten. "The Kiss Of Judas" wurde auch gleich einen Takt schneller gespielt, frei nach der Devise: Schneller gespielt sind wir schneller fertig. Ein spieltechnisch solider, aber insgesamt enttäuschender, weil glanzloser Co-Headliner-Gig der einstigen Melodic-Powermetal-Kings.
Moderne Thrashsounds haben derzeit Hochkonjunktur im härteren Metalbereich, MACHINE HEAD konnte ich allerdings noch nie so richtig etwas abgewinnen, insofern verzichtete ich darauf, die Amis zu später Stunde genauer unter die Lupe zu nehmen. Mir wäre ein kräftiger METAL CHURCH-Nachschlag zugegebenermaßen lieber gewesen.

Das Programmheft 2004
Die Party geht weiter ... nächstes Jahr zu Pfingsten in Gelsenkirchen!
Weitere Bilder vom Festival kann man sich unter der Adresse http://rockhard.daniel-cron.de/index.htm anschauen.

Setlist RAGE (ohne Gewähr)

Orgy Of Destruction
War Of Worlds
Great Old Ones
Medley: Black In Mind/Solitary Man
Soundchaser
Set This World On Fire
Down
Don't Fear The Winter
From The Cradle To The Grave
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Higher Than The Sky

+Gitarren- & Drumsolo



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