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Lazy Bunch, WeissHeim, Nuke Eastern Plot   13.03.2004   Leipzig, Moritzbastei
von ta

Zum Record Release der ersten Lazy Bunch-Platte "Ill Decompression" wurde ein beschaulicher Samstagabend in der MB zu Leipzig gewählt. Da ausnahmelos Bands die Bühne betraten, die zur Band-Community - einem Zusammenschluss diverser Leipziger Bands ohne Plattenvertrag, aber mit dem Wunsch, gelegentlich auftreten zu können - gehören, avancierte die ganze Veranstaltung zu einer Art Familientreffen. Nuke Eastern Plot hatten aber vergessen, ihre Verwandtschaft zu informieren, so dass das Publikum bis auf zwei euphorische Headbanger in der ersten Reihe, deren Namen hier aus Gründen des Datenschutzes besser verschwiegen bleiben, anfangs eher verhalten auf das dargebotene Material reagierte. Dabei kann sich das originelle Gebräu aus beschwingtem Nennen-Wir-Es-Nu-Rock, Doom-mäßigen Gesangslinien auf Halbtonbasis und todesmetallischen Gewalteruptionen durchaus hören und tanzen lassen, besonders, weil die Band nach wie vor um Tempovariationen einen ebenso großen Bogen wie um instrumentelle Solo-Auftritte macht, was auf Dauer den Bandsound selbstredend etwas eingleisig-eintönig werden lässt, und mit Metal-Max (Achtung, das ist ein Pseudonym!) über einen der exquisitesten Metal-Frontmen Leipzigs verfügt, was sowohl Gesang als auch Gebärden umfassen soll ... Bei einem Song wie "Breathless" brüllt sich der blondbelockte Hüne ins Nirvana und findet auch auf der nicht übermäßig großen Bühne genug Platz zum Ausklinken. Mit überzeugender Publikumsanimation, die in Besuchen des Sängers (wohlgemerkt: während des Stücks) beim stumm verharrenden Auditorium gipfeln, ziehen Nuke Eastern Plot schließlich doch noch das Publikum auf ihre Seite und schicken mit "Heavensent" sogar noch eine Zugabe ins Rennen, die dem ganzen Reigen ein überzeugendes Ende bereitet.
WeissHeim verweisen da schon auf andere Stärken. Musiker, die bestimmt schon das eine oder andere Jahrzehnt dabei sind und teilweise gut ein Elternteil eines Mitwirkenden in einer der anderen Bands sein könnten, ein hohes spielerisches Niveau, eine Sängerin, die in den hohen Stellen - und derer waren es nicht wenige - wie Dream Theaters James LaBrie flötet, und ein gut studierter Rainbow-Katalog im Bewusstsein bilden die Basis für einen ausgewogenen Mix aus Hardrock der melodischen, Prog Rock der eingängigen und Melodic Metal der soften Sorte. Allzu euphorische Reaktionen waren bei einer solch, äääh, altertümlichen Musik (soll keine Beleidigung sein) in Konfrontation mit eher jugendlicher Zuhörerschaft nicht einzuplanen, aber das begeisterte Klatschen des Publikums ließ erahnen, dass wenigstens die technischen Fähigkeiten des Quintetts angemessen gewürdigt wurden, wobei besonders der Mann an der Gitarre sich nicht um ausführliche Präsentation seiner Fingerfertigkeit scheute und neben seiner singenden Genossin den Hauptangelpunkt der Band zumindest live verkörperte. Stücke wie "Human Race" oder "You Kill Me" (letztgenannter allerdings ein Cover eines gewissen Glenn Hughes - Anm. rls) sind dabei teilweise richtig schmucke Perlen mit exzessiven Refrains, guten Arrangements und der nötigen Abwechslung, für die schon der brillierende Keyboarder allein mit Soli und Sounds, die er direkt den Siebzigern entnommen hatte, sorgte. Ein wenig mehr Originalität wäre allerdings wünschenswert.
Mit Originalität hatten Lazy Bunch keine großen Probleme. Der Bogen, den ihre Musik spannt, reicht von losem Metal über Gepolter der schweinerockigen Sorte (Gluecifer, Hellacopters) bis in den Stoner Rock hinein und macht erst beim Punk Schluss. Problematisch daran jedoch ist die Tatsache, dass hier nicht Halbes oder Ganzes herauskommt, sondern musikalisch ein recht farbloser Gig geboten wird. An Melodien und Ideen überhaupt bleibt nicht viel hängen, ebenso fehlen aber auch die großen Aha-Effekte, die eine stilistische Unbekümmertheit, wie so manche Newcomer-Band sie exerziert, mit sich zu führen vermag. Das eine oder andere lustige Arrangement hat man sich einfallen lassen, im Großen und Ganzen ist der Auftritt nach einer Weile aber eher dröge. Ein paar mehr fette Riffs allein hätten sicher eine positive Wirkung. So muss sich die Band allein auf ihre Live-Stärken verlassen. Die kommen aber auch nur schubweise und beinahe ausbruchsartig zum Tragen, wenn plötzlich das große Bangen und Rennen einsetzt, bevor wieder für eine ganze Weile stillgestanden wird, teilweise mit dem Rücken zum Publikum. Positiv fallen der unermüdliche Sänger und der punktgenau spielende und kreative Schlagzeuger auf. Der Boden für eine interessante Entwicklung ist hier also durchaus potenziell gelegt, aber als Gesamterscheinung sind Lazy Bunch musikalisch und optisch nur bedingt genießbar. Das sah ein nicht geringer Teil des Publikums zugegebenermaßen anders, auch wenn die große Party-Stimmung ausblieb. Für eifriges Klatschen und erfolgreiche Zugaberufe war jedoch gesorgt. Resultat: Ausbaufähig. Gesamtresultat: Ein gefälliger Abend a) mit Bands, die man (was weißgott nicht auf alle Bands der Band-Community zutrifft) im Auge behalten sollte und b) der einmal mehr beweist, dass Leipzig musikalisch auch jenseits von Oper, Gewandhaus und Co. Aktivitäten und Aktiviteure mit Ambitionen feilbieten kann. Ein Teil der vielbeschworenen "Leipziger Freiheit"? Wer weiß.



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