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Gospelseminar   29.01.-01.02.2004   Riga (Lettland)
von Simone und Erik Lehmann

"De besis sir di man" - Der Himmel erfüllt mein Herz

"Kommt herüber und helft uns!" So baten junge Leute aus Lettland vor ein paar Wochen und schrieben ein paar Mails an Mitarbeiter der Evangelischen Jugend in Sachsen. Sie seien vom "Gospelfieber" befallen und wollten gern mehr über Gospelmusik lernen und so fröhlich und inspiriert singen wie in Chemnitz.

Die Helfer: Simone und Erik Lehmann
Ja, da war im Herbst 2003 GoGospel, ein großes Gospelfestival in Chemnitz, veranstaltet von der Ev. Jugendarbeit in Sachsen und in Zusammenarbeit mit Chorlight e.V. und 100 junge Christen aus Lettland konnten durch finanzielle Unterstützungen unserer Landeskirche in diesen Tagen dabei sein. Doch was sie hier erlebten, wollten sie nun gern in ihrer Heimat fortsetzen. Es fehlte an gospelerfahrenen Musikern und Chorleitern. So fragte man Erik und mich, ob wir nicht ein Seminar an einem Wochenende in Riga durchführen könnten. Das "Ja" haben wir bald sagen können, aber was uns eigentlich erwartete, war uns unklar. Fragen und Ängste stellten sich ein: Werden wir den Erwartungen gewachsen sein, reicht unser Handwerkszeug aus, um so eine Aufgabe zu erfüllen, werden die Kräfte reichen?
Ein paar wenige Mails wurden noch hin- und hergeschickt und dann ging die Reise am 29. Januar 2004 los. Obwohl an diesem Tag viele Flüge wegen Schneestürmen abgesagt wurden, landeten wir pünktlich in Riga. Wir kannten noch niemanden und mussten lächeln, als zwei junge Frauen uns mit einem Pappschild "GoGospel" empfingen, denn wir rätselten die ganze Zeit im Flugzeug, wer uns wie wo abholen wird. Immerhin waren wir erst mal da!
In der Evangelischen Lutherakademie in der Altstadt von Riga durften wir ein herrlich ausgebautes Zimmer unterm Dach mit Blick über den Fluß Daungava beziehen. Wir fühlten uns gleich zu Hause. Am Freitag konnten wir erste Kontakte mit den Mitarbeitern der lettischen evangelischen Jugend- und Musikarbeit knüpfen und wir spürten sofort, es gibt sehr viele Gemeinsamkeiten in unserer Geschichte. Auf beiden Seiten fühlten wir schnell eine enge Verbundenheit. In den wenigen Tagen entwickelte sich eine Herzlichkeit, die wir nur selten erlebt haben. Wir versuchten (in deutsch oder englisch) deutlich zu machen, dass wir keine "Profis" im Fach sind, aber eben unsere Erfahrung über viele Jahre im Bereich Jugendarbeit, Jugendmusik/Jugendchorarbeit und insbesondere Gospelmusik gesammelt haben. Und das war genau der Punkt, wo wir unseren neuen Freunden in Lettland helfen konnten, denn sie müssen selbst einen eigenen Weg finden, mit ihren Jugendlichen, mit ihrer Kirchengeschichte, mit ihren Empfindungen für Musik. Die Gospelmusik stellt dabei eine Brücke zwischen Jugendlichen auch außerhalb der Gemeinden und Kirchen dar. Gospel - das einfache Evangelium wird in wunderbarer musikalischer Form verkündigt. Wir werden oft gefragt, was das besondere an Gospelmusik ist. Ich denke, es ist eine inspirierte, inspirierende, kraftvolle, ausdrucksstarke und gefühlsbetonte Musik. Das "besondere" kann man schlecht beschreiben. Gospel muß man erleben!

Die Einheit unterm Kreuz I
Es war wunderbar, mit 2 weiteren Berufsmusikern (Bassgitarre und Schlagzeug) zusammenzuarbeiten, die mit Gospel und Kirche bisher auch noch nichts zu tun hatten. Nach und nach wurde eine gemeinsame Sache draus, nicht jeder spielte oder sang nur für sich, sondern es wurde eine Einheit.

Die Einheit unterm Kreuz II
Inzwischen war auch das Ziel der Tage klar: ein Abschlusskonzert am Sonntagnachmittag in der Anglikanischen Kirche, davor die Ausgestaltung eines Gottesdienstes in der Luthergemeinde in Riga.
Der Probentag begann am Samstagvormittag und 60 junge Leute aus ganz Lettland hatten sich auf den Weg gemacht, um noch einmal einige Lieder aus Chemnitz und ein paar neue Gospelsongs mit uns zu singen. Freilich waren oft die Töne ganz richtig, aber wir mussten gemeinsam viel an der Gestaltung arbeiten. Gospel hat eben genau wie romantische oder barocke Musik seine Interpretationsmöglichkeiten und nur durch "Vormachen", Veranschaulichung, Erklären und dann hartem Üben wird erst Gospelmusik draus.

Nachwuchs für die lettische Gospel-Fangemeinde
Doch schnell sprang der Funke wieder über und es wurde wirklich "ein" Chor draus. Das Gefühl zusammen zu gehören wuchs mit jeder Stunde mehr und mehr. Daß "Gottes Geist" zusammenführt und -hält, haben wir alle auf unbeschreibliche Weise erlebt. Es war ein Geben und Nehmen. Wir waren nicht mehr "die Leiter", von denen alle anderen lernen, sondern es floß ebenso viel Liebe und Ermutigung zurück, dass wir nur froh und glücklich waren.
Beim Abschlusskonzert war die Kirche rammelvoll. Die Leute, die keinen Sitzplatz mehr bekommen hatten, standen oder saßen auf dem Fußboden. Das war gut möglich, da keine festen, sondern bewegliche Kirchenbänke installiert waren.
Die Mitarbeiter sagten uns vorsichtig, dass wir nicht zu viel Erwartungen an das Publikum haben sollten. Sie wüssten nicht, wie viel Erfahrungen die Leute mit Gospelmusik haben. Wir wollten unbedingt auch ein Lied mit der Gemeinde singen und auch im Konzertverlauf immer mal das Publikum mit einbeziehen - wie es bei Gospelmusik eben üblich ist. Aber unsere Erwartungen wurden völlig übertroffen. Schon nach den ersten Takten klatschten und summten die Leute mit. Sie feuerten den Chor mit ihrem Applaus an und jedes gesprochene Wort wurde mit Spannung verfolgt. Zu jedem Lied erzählte ein Jugendlicher aus dem Chor in lettisch seine Gedanken oder Erfahrungen dazu. Das war sehr spannend für die einzelnen, denn es ist schon eine Überwindung, über seinen Glauben persönlich und dann vor so vielen Leuten zu reden. Es war wichtig, dass sich einzelne wirklich Gedanken machen und den Schritt nach vorn auch gehen mussten. Wir können unser Christsein nicht immer versteckt leben. Es muss Punkte geben, wo Christsein einen öffentlichen Charakter hat. Am Schluß des Konzertes sangen der Chor und das Publikum beim Hinausgehen immer noch das "De besis sir di man" (Der Himmel erfüllt mein Herz).

Say Yeah!
Wir konnten in fröhliche Gesichter schauen und wussten, die Arbeit hat sich gelohnt. Das Gospelfeuer hat Funken gesprüht und breitet sich inzwischen in den einzelnen Gemeinden oder Jugendkreisen aus. Wir können mit unseren Erfahrungen und mit fachlicher Anleitung helfen, doch den Weg mit Gospelmusik muß jeder selbst gehen. Erst wenn unsere Herzen erfüllt sind "De besis sir di man" ...



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