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Musik und Schauspiel im Advent   01.12.2002   Geithain, Bürgerhaus
von rls

Hinter einem solchen Titel könnte man auch einen Auftritt lokaler Musikschulklassen vermuten, aber ein wenig Namedropping hilft in diesem Falle entscheidend weiter: Das Janz Team hatte eine hochkarätige Formation auf Tour geschickt, um die Menschen in Deutschland und der Schweiz an die eigentlichen Hintergründe von Advent und Weihnachten zu erinnern, und das stieß in Geithain auf derart großes Interesse, daß das wahrlich nicht kleine Bürgerhaus aus allen Nähten platzte, wobei komischerweise Kinder, jüngere Teens und Rentner einen großen Publikumsanteil ausmachten, während speziell meine Generation, also die zwischen 20 und 30, nahezu abwesend war. Aber das nur am Rande.
Wer stand da nun auf der Bühne? Sie waren zu fünft: Danny Plett, Francisco Collado, Beat Müller, Anja Lehmann und - huch, Yasmina Hunzinger hat sich aber optisch verändert, dachte ich. Das sollte sich schnell als Irrtum herausstellen, denn Yasmina konnte aus Termingründen die Tour nicht mitfahren, und die mir bisher unbekannte Sarah Kaiser (sonst eher im Jazzbereich arbeitend) war eingesprungen. Intensives Durchhören der 2001er "Noel, Noel"-CD und des neuen Albums von Danny Plett "Modern Gospel" hätte sich als Vorbereitung gelohnt, aber es war meinerseits unterblieben. Sei's drum: Der musikalische Part sollte auch für Nichtkundige nachvollziehbar gewesen sein, und per PowerPoint-Projektion konnten die nicht des Englischen mächtigen Anwesenden auch die Songtexte übersetzt verfolgen (eine sehr positive Angewohnheit des Janz Teams). Das musikalische Konzept war dabei recht einfach: Ein Playback-Hintergrund (der mir bisweilen etwas zu percussionlastig rüberkam) zu vier guten bis exzellenten Gesangsstimmen. Über Plett braucht man wohl keine Worte mehr verlieren, Collado kannte ich bisher nicht, aber auch er machte seine Sache mehr als ordentlich (wenn auch sein Akzent bei den deutschsprachigen Titeln ungefähr so lustig rüberkam, als wenn ich russische Folklore singe), und auch die beiden Damen wußten zu überzeugen, obwohl sich ihre Stimmen etwas zu sehr ähnelten, was bei konsequent vierstimmigen Sätzen zu einigen "Clustern" führte (vielleicht wäre das mit der Kombination Anja + Yasmina anders gewesen). Das von "Noel, Noel" bekannte Weihnachts-Potpourri eröffnete den insgesamt weit über zweistündigen Reigen, der sich zu großen Teilen aus Material der beiden erwähnten CDs zusammensetzte, aber mit beispielsweise einem amerikanischen Country-Christmas-Song aufgelockert wurde. Vom besinnlichen Balladenstoff bis zu treibendem Lobpreis war alles vertreten, und das Publikum zeigte sich fast durchgehend schwer begeistert. Nur der Versuch, "Stille Nacht" vom ganzen Saal singen zu lassen, mißlang - man hatte wie schon auf der CD die Textvariante gewählt, die im Osten eher weniger geläufig ist und daher für Irritationen sorgte.
Und wozu war Beat Müller da? Er sorgte für die "Schauspiel"-Komponente, indem er auf anfangs äußerst witzige Weise vorweihnachtliche Geschehnisse konterkarierte, was schließlich in ein Einpersonenstück aus mehreren Akten (die jeweils zwischen die Liedblöcke eingefügt wurden) über einen gestreßten Menschen mündete, der am Heiligabend mit seinem Auto in der Pampa liegenbleibt und dort verschiedenstufig Gelegenheit bekommt, über den wahren Wert (im Gegensatz zum Warenwert) von Weihnachten zu reflektieren (den er letztlich natürlich auch erkennt). Die Komik wich in den verschiedenen Akten mehr und mehr der tiefgreifenden Ernsthaftigkeit, die intensives Lauschen notwendig machte. Daß Beat Müller als hinführendes Hilfskonstrukt zum Erreichen der erkenntnistechnischen Klimax Ausschnitte aus meiner eigenen Lebensgeschichte verwertete, konnte er wohl kaum ahnen ...
Unterm Strich eine unterhaltsame Zeit mit Tiefgang an diesem ersten Advent 2002, die in den Folgejahren zur Nachahmung empfohlen sei.



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