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PartySan Open Air    08.-10.08.2002   Bad Berka
von Janet

Ach, was habe ich mich gefreut auf dieses PartySan, meinen heimlichen Favoriten unter den Heavy Metal-Festivals, das dieses Jahr bei mir sogar gegen die beiden größeren Events With Full Force und Wacken gewonnen hat, die ich aus urlaubstechnischen, finanziellen und kräftemäßigen Gründen sausen ließ. Und dann ereilte mich die größte Enttäuschung des ganzen Open Airs schon im Voraus: der alljährliche Gigabsage-Teufel schlug wieder zu und betraf wieder eine Headlinerstatusband. Diesmal war es für mich ganz besonders grausam, denn es handelte sich um die Österreicher Kultcombo DISHARMONIC ORCHESTRA, die sich gerade erst reunioniert hatten. Aufgrund nicht näher bezeichneter "persönlicher Probleme" hatten sie alle ihre Sommergigs absagen müssen. Was für ein unbeschreiblicher Ärger meinerseits! Statt dessen holte die PartySan-Crew den "mehr als adäquaten Ersatz" DISASTROUS MURMUR ins Boot, aber mehr als das Heimatland und die ersten drei Buchstaben haben die mit DISHARMONIC ORCHESTRA nicht unbedingt gemein, also konnte zumindest für mich von "adäquatem Ersatz" überhaupt nicht die Rede sein. Nun ja, das ist Geschmackssache. Für die ebenfalls abgesagten Norweger AETURNUS spielten dann die Schweden DEFLESHED. Das war's dann mit Ersatzbands, es hielt sich dieses Jahr also in Grenzen. Leiderleider hatte man nicht MANOS rangeholt, die passen doch so schön aufs PartySan ...
So begaben wir uns also Donnerstagabends zu diesem wahrhaft biblischen Ort - "Hell is here" ist das PartySan-Motto. Ich hatte schon befürchtet, angesichts dieser Überschrift und der vielen textlichen Bestätigungen durch die Bands würde unser christlich orientiertes Magazin meinen Bericht gar nicht bringen, aber dann erblickte ich bei einem Spaziergang über den Zelt- und Parkplatz "God's mobile infantry" - ein Kfz mit ganz eindeutigen Aufklebern à la "All hell can't stop us now". Na also.
Inmitten von Sintflut-Katastrophenmeldungen erwischte das PartySan einen Tag mit richtig gutem Wetter und zwei ganz erträgliche mit ein paar Schauern und Nachtkälte, welche wir von Bad Berka aber schon gewöhnt sind. Die Schlammschlacht hielt sich also in Grenzen - nur die Crew tat mir leid, als ausgerechnet an ihrem Aufräumtag Sonntag die Regentrude arbeitete, was das Zeug hielt.
Erstmals standen dieses Jahr schon am Donnerstagabend vier Bands auf der Bühne. Bereits während unseres Eintreffens lärmten GOMORRHA aus Stadtroda/Thüringen im für die Massen viel zu kleinen Zelt. Die Burschen haben sich um einen Sänger (dessen Freundeskreis in der ersten Nacht übrigens das gesamte Areal zusammenbrüllte und sich damit viele, viele Feinde machte ...) und ihren Stil um einen heftigen Schlenker Richtung Ami-Death erweitert, was ihnen gut zu Gesicht und Gehör steht. Es befand sich zu diesem Zeitpunkt schon so viel Publikum im Zelt, daß die Jungs anschließend wie in Trance rumliefen und insbesondere ich befürchtete, das PartySan würde in diesem Jahr alle Besucherrekorde sprengen. Schließlich wurde es erstmalig auch vom RockHard (neben dem Legacy) präsentiert. Als wir im letzten Jahr Freitagnachmittag anreisten, waren noch nicht so viele Leute da wie am hiesigen Donnerstagabend. Aber die Panikmache war unnötig; die Besucherzahlen dürften sich in etwa bei denen vom letzten Jahr eingepegelt haben - sehr angenehm.
Als nächstes traten die deutschen PROFANITY auf die Bühne (technischer Extrem-Death Metal), um anschließend ihren Landsmännern von NIGHT IN GALES Platz zu machen - und das war nun wieder ein echtes Schmankerl! Sie klangen typisch schwedisch, im At The Gates-Stil, musizierten anspruchsvoll und teilweise ziemlich melodisch, teilweise aber auch mit mächtig Speed. Ihr bulliger Sänger variierte gekonnt zwischen cleanen Vocals und Growls, zwischen hoch und tief. Daumen hoch!
Den Live-Abschluß an diesem Abend machten HYPNOS aus Tschechien. Aber damit war noch lange nicht Schicht im Schacht. Die Jungs vom HELLBORN METAL RADIO aus Jena heizten allen, die's wollten (oder auch nicht) noch bis ins Morgengrauen mit Wunschmusik aus der Konserve ein.
Der Freitag zeigte sich von seiner schönsten Seite: bestes Festival-Wetter bis in die Nacht. Erst kurz vor 4 gings mit den Bands los, also war viel Zeit zum Rumgammeln und Pegeltrinken - eigentlich hätten wir ja alle unseren Nachtschlaf nachholen wollen, der durch gewisse Chaoten quasi unterbunden worden war, aber dazu war es schon wieder zu heiß. Als mit VENERAL DISEASE (D) dann die erste Band spielte, die mich laut Auskunft eines Freundes mit sehr gutem technischen Death Metal und einer "abgefahrenen Frontsau" als Sänger eigentlich sehr hätten motivieren sollen, hatte ich mich bereits müde gegammelt und blieb auf der Wiese sitzen. Immerhin bekam ich ihr geiles Slayer-Cover mit - naja, war ja klar, daß ich bei diesen Klängen nicht auf den Beinen bin :-)
Die nächsten waren die Jenaer ATANATOS, da war ich dann vorn, weil ich doch sehen mußte, was in meiner alten Heimat Thüringen so produziert wird. Es war gut abgehender Black Thrash à la Desaster, hab ich mir sagen lassen (ich selber kenne Desaster gar nicht ...). Nur die Keyboarderin war verdammt überflüssig, denn man hörte sie schlichtweg nicht. Vielleicht erfüllte sie ja auch nur einen anderen Zweck, und den erfüllte sie gut. (Und welchen? - der neugierige Teil der Redaktion)
HOUWITSER mit niederländischem Death Grind und die Ösis DISASTROUS MURMUR hoben (jetzt hätt ich doch allen Ernstes beinahe "hebten" geschrieben ...) mich nicht besonders an, dafür kamen danach VIU DRAKH, allseits bekannt und beliebt auf dem PartySan, aber der Fish diesmal mit ohne Bart? Ich hätte ihn kaum wiedererkannt.
Die Schweden von BEWITCHED hatten mit ihrem typischen Sweden Black Thrash unter anderem eines im Sinn: "Worship The Hellfire" - na dann ... wem das weltliche Wetter noch immer nicht zu heiß war ...
Death Grind, wieder aus Schweden, stand dann auf dem Plan: DEFLESHED, groß angekündigt, aber bissel eintönig auf die Dauer, fand ich. Haben viele 3-Mann-Combos so an sich, auch wenn es da natürlich herausstechende Ausnahmen gibt. Und dann, unvermeidlich - die APOKALYPTISCHEN REITER. Wer meine Schreibe ein bißchen verfolgt, weiß, daß ich die nicht besonders mag. Die laaaange Durststrecke sei endlich vorbei, seufzten sie ins Mikro, endlich stehe man wieder auf einer Bühne. Wie jetzt - haben die tatsächlich mal eine Woche nicht gespielt? :-) Jedenfalls haben sie das Sich-feiern-lassen nicht verlernt. Ohne diesen Frontmann würde so eine Band gar nicht funktionieren, prophezeie ich mal. Selbstdarstellung ist zwar nicht alles, aber viel bei den REITERN. Nun ja, sie sind auf mich nicht angewiesen; wie schon so oft wurden sie derartig abgefeiert, daß ich mich manchmal fragte, ob vielleicht ich an Geschmacksverirrung leide oder was ...
Aber dann! Dann kamen als Headliner die Norweger BORKNAGAR. Im Nachhinein für mich nicht mehr nachvollziehbar, hatte ich vorher nie was von ihnen gehört als ihren Namen. Mein Freund und meine beste Freundin priesen sie mir in einem Maße an, das mich skeptisch machte; Worte wie "majestätisch-melodisch-hymnenhafter Black Metal" vermochten mich in keiner Weise zu überzeugen, aber die beiden an meiner Seite hörten nicht auf zu grinsen und sich sicher zu sein, daß mir das sehr gefallen würde. Naja, was soll ich sagen, sie kennen mich eben wirklich gut. BORKNAGAR wurde für mich zum Highlight des Festivals. Oben genannte Beschreibung würde ich nicht verwenden, wüßte aber auch keine andere. Wenn das Black Metal ist, hab' ich den immer unterschätzt. Ich hab selten etwas so klischeefreies und abwechslungsreiches aus diesem Genre gehört. Sehr gute Instrumentalisten tönten anspruchsvoll und irgendwie ... norwegisch folklorehaft, wobei ich erwähnen sollte, daß sie viel heftiger zu Werke gingen als auf einigen ihrer besten Scheiben und hauptsächlich neuere Stücke spielten - wie gesagt, das hab ich mir sagen lassen müssen, weil ich sie schließlich gar nicht kannte. Der Sänger (ein gewisser Herr Vintersorg, den kannte ich von einem Live-Auftritt schon ein bißchen) vollbringt seine Leistung auf eine sehr gewöhnungsbedürftige, aber - wenn man sich erstmal darauf eingelassen hat - richtig bewundernswerte Weise. Völlig von den Socken gehauen hat mich dann der Keyboarder, den ich total genial fand, spätestens als er anfing, 70er Jahre-Progrock-Orgelklänge zu verwenden. HERRLICH!!!!! Wer vermutet sowas schon im Black Metal? Also mit dieser Musik muß ich mich in Zukunft unbedingt näher beschäftigen.
Der Sonnabend startete pünktlich zum Abschluß des Frühstücks mit einem heftigen Regenguß. Ebenso pünktlich mit Spielbeginn der ersten Band hatte er aber auch schon wieder aufgehört und schlammige Wege hinterlassen. So richtig schlimm fand das aber niemand, da die Wiese die Wassermassen gut aufnahm und bis auf die Wege nichts wirklich aufweichte.
Für alle Bands reichte meine Kraft und Lust heute nicht. DRAUTRAN (D), MAZE OF TORMENT (D), SINISTER (D), CALLENISH CIRCLE (D) (nanana, in Geographie nicht aufgepaßt? - Anm. rls) und WITCHERY (SWE) mußten auf meine holde Anwesenheit vor der Bühne verzichten, was vielleicht bei der einen oder anderen Band manche Leser gar nicht verstehen können. Aber, reden wir doch Klartext, SINISTER hatte ich bereits in Trutnov/Tschechien gesehen, ohne daß sie mich vom Hocker gerissen hätten (auch wenn ich die kleine Frontfrau schon erstaunlich finde, aber ihrer Stimme fehlt in diesen extrem tiefen Lagen die Variationsbreite, es klingt richtig monoton und das mag ich nicht), und bei WITCHERY, die als Headliner am Sonnabend fungierten, war es mir schlichtweg schon zu spät. Ebenfalls verpaßt (mich beutelte am späten Nachmittag ein häßlicher kleiner Migräne-Anfall) habe ich die Norweger RAGNAROK, die sich als "seriöse Satanisten" bezeichnen, und irgendwie hätte mich das doch mal interessiert ...
OBSCENITY aus Oldenburg zockten Old School Death Metal in routinierter Manier, immer schön headbangerfreundlich, wie man es von ihnen gewöhnt ist. Die ebenfalls deutschen MY DARKEST HATE warteten mit midtempolastigem, nahezu groovigem Death Metal auf, der bissel eintönig rüberkam - außerdem dröhnte der Baß wie irre, daß es selbst meinen baßverliebten Ohren wehtat (und das will was heißen!). Anschließend gab sich noch eine Band aus Deutschland die Ehre, und zwar keine geringere als die heißumjubelte neue deutsche Thrash Metal Hoffnung DEW SCENTED, die allerdings viel mehr als die deutsche Antwort auf Slayer gelten denn als Fortführer der Kreator/Sodom/Destruction-Tradition. Wer ihr neues Album "Inwards" noch nicht kennt, sollte dieses Versäumnis schnell aufarbeiten! Es lohnt sich. An ihrer Live-Präsenz gibts nicht viel zu meckern außer bereits jetzt leise durchscheinenden Starallüren. Ich hoffe, sie kriegen das in den Griff, denn den Zuschauer nerven insbesondere wiederkehrende Gitarrenstimmpausen einfach nur, und daß ausgerechnet und ausschließlich bei DEW SCENTED mit dem Sound was nicht hingehauen haben soll, glaube ich nicht.
Die Schweden NECROPHOBIC spielten zu späterer Stunde technisch anspruchsvollen Death Metal, den sie selber als "satanisch" bezeichnen. Ein (für mich) letztes Highlight trat danach mit THE CROWN auf die Bühne. Ebenfalls aus Schweden angereist, ebenfalls mit Death Metal im Gepäck, der sehr abwechslungsreich daherkommt und auch mal vertrackt, mal langsam und mal rockig tönt. Kurzzeitig war bei ihnen Tomas Lindberg (Lock Up, Ex-At The Gates) als Sänger im Line-up gewesen. Auf ihn hatte ich mich sehr gefreut, und warum er nun so schnell wieder aus- wie er eingestiegen war, weiß der Geier. Der Neue machte seine Sache aber ausgesprochen gut, wenn er auch für einen Death Metal-Sänger ziemlich ungewöhnlich aussah.
Als ich am Sonntagmorgen gegen 8 Uhr "aufwachte", waren fast alle meine Freunde und die meisten anderen Gäste bereits abgereist. Lag das vielleicht daran, daß die ganze Nacht Musik aus der Konserve lief (oder kam mir das nur so vor?) und an Schlafen deswegen sowieso nicht zu denken war?
Und da war es also auch schon wieder vorbei, das PartySan 2002 ... Ganz nach dem Ansinnen der PartySan-Crew packten wir brav unseren Müll in Tüten und Säcke, aber unsere chaotischen Brüll-Nachbarn ließen sogar Stühle und Liege stehen ... Ich hoffe nur, die Aufräumarbeiten verliefen trotzdem, auch trotz des einsetzenden Dauerregens, einigermaßen reibungslos, schließlich wollen wir doch nächstes Jahr wiederkommen!
Ach ja, eines noch: Wo blieben eigentlich dieses Mal die lustigen Ritterspiele, die in den letzten beiden Jahren immer am Sonnabendvormittag dargeboten wurden? Irgendwie hat man die schon vermißt ...
Aber ansonsten bleibt als Resumée nur eines festzuhalten: Im Gegensatz zu anderen, auch größeren, Festivals behält das PartySan beständig seine Qualität auf hohem Niveau bei - da können sich viele ein paar Scheiben davon abschneiden.



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