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Lee Aaron And The Swingin’
Barflies, Johnny Ferreira And The Swing Machine 12.-13.07.2002
Weinheim, Summertime Bluesfest des MUDDY’s Club
von
gl
Als die Nachricht mich erreichte,
LEE AARON würde nach jahrelanger Bühnenabstinenz wieder in Deutschland
auftreten, war ich wie elektrisiert und der einzige Solo-Auftritt mit ihrem
eigenen Material außerhalb ihres Engagements mit Johnny Ferreira
war sogar praktisch vor meiner Haustür, welch ein Glück. Es war
mein erster Besuch im Muddy’s Club, aber sicher nicht der letzte denn es
herrschte während der zwei Tage fast eine familiäre gelassene
und fröhliche Stimmung, so dass man sich richtig wohlfühlte.
Also der Slogan „A cool place for hot music” stimmt absolut.
Am Freitagabend begannen Crimson
Alley, die mich nicht überzeugen konnten, bevor dann allgemeine Spannung
herrschte. Angekündigt von Benny Schmidt, mit übertriebenem aber
charmantem Pathos, aber irgendwie absolut cool („Would you please welcome
from Vancouver, Canada: The Lady of Good taste ...“) begaben sich dann
vier Musiker auf die Bühne, die mir fremd waren und musizierten erst
mal 5 Minuten (einen Jam Blues) während nur die mitschnippenden Finger
von Lee Aaron am Bühnenrand zu sehen waren, dann endlich betrat sie
die Bühne in einem eleganten schwarzen Abendkleid und mit schwarzen
hohen Stiefeln und präsentierte das Titelstück ihrer immer noch
aktuellen CD „Slick Chick“. Davon abgesehen scheint sie nicht zu altern,
denn sie ist hübscher denn je, und ihre Stimme kraftvoll, voluminös
und in hohen und tiefen Tonlagen ausdrucksstark.
Ein „Höflichkeitsabstand“
von 5 Meter vor der Open-Air Bühne bot zwar für gute Fotos Gelegenheit,
vergrößerte aber auch den Abstand zwischen Band und Publikum.
Niemand traute sich näher zur Bühne hin zu gehen, die Reaktionen
des Publikums waren freundlich und begeistert aber nicht überschwänglich.
Während mit „Doodlin’“ und dem tollen „I’d love to“ weitere Songs
der CD sehr sauber dargeboten wurden, konnte man sich ein Bild von den
Musikern machen: Vince Mai, Trompeter und Pianist, Elmar Spanier am Kontrabass
(ein absolut cooler, netter Typ) und Greg Demchuck an der Gitarre sind
alle drei auch in Johnny Ferreiras Band. (Vince Mai hat selbst schon mehrere
CDs herausgebracht, seine website ist http://www.mai-music.com.
Auch Greg ist in einer in Canada sehr berühmten Band, deren Name ich
aber nun leider vergessen habe.) Das sind absolute Vollblut-Musiker, wenn
man bedenkt, dass sie gerade mal drei Proben für diese Auftritt vollzogen,
und sich dann so homogen präsentierten, ist das schon faszinierend.
Lediglich Drummer John Cody ist in Lee Aarons Band in Kanada und er hatte
während seines Solos eine ungewöhnlich Idee: Sein Trommelsolo
spielte er weiter, während er aufstand, auf die Bühne lief, die
Treppe runter, immer mit den Drumsticks weiterspielend auf Blumentöpfen,
Gläsern, Flaschen, alles was halt so rumstand - und er blieb im Takt!
“Handcuffed to a fence in Missipi” und „Museum“, einen alten Donovan-Song,
möchte ich als weitere Höhepunkte bezeichnen (sie sind nicht
auf der CD) und langsam wurde auch die Stimmung etwas aufgelockert. Karens
Zwischenansagen kamen locker, unverkrampft und ehrlich rüber, keinerlei
billige oder einstudierte Gesten, wie man sie bisweilen auf Rock-Shows
sieht. Man spürte deutlich, sie fühlt sich wohl und war zufrieden,
dass sie so gut angenommen wurde. Der Beifall wurde auch immer etwas intensiver,
und meine anfängliche Einschätzung, dass wohl keine Fans aus
ehemaligen Zeiten den Weg nach Weinheim gefunden hätten, wurde revidiert,
als nach dem Konzert einige mit ihren alten Vinyl-Scheiben zum Unterschreiben
auftauchten. An dem Tisch übrigens an dem die wenigen mitgebrachten
CDs ratzfatz weg waren und etliche mit hängendem Kopf weggingen. (Nachträglich
habe ich von mehreren Quellen erfahren, dass Anfragen aus ganz Deutschland
gekommen sind, ob es wirklich die Lee Aaron sei, also wenn von den Musikmedien
keiner da war, die Leute, denen die Musik wichtig ist, nämlich die
Fans waren da!!)
Einen Tag später konnte
ich mit dem Auftritt von JOHNNY FERREIRA And The Swing Machine ein weiteres
Klasse-Konzert sehen: Allein der Beginn war klasse, die Band spielt auf
der Bühne, ein Saxophon ertönt, doch wer spielt es? Es ist niemand
zu sehen, da schreitet Johnny durchs Publikum und geht auf die Bühne!
Die Musiker des Freitags (mit anderem Drummer) zusätzlich ergänzt
durch weitere 3 Leute und eine weitere Sängerin boten einen sehr unterhaltsamen
Set dar, diesmal ging das Publikum auch sehr beschwingt mit und es wurde
vor der Bühne getanzt etc. Lee Aaron selbst war sicher 80% der Show
on stage und stellte ein weiteres Lied, das sie am Vortage nicht gebracht
hatte, vor. Diesesmal ganz in rot, mit Lederhose und rotem Top – neben
der Musik, auch optisch wieder ein Hochgenuss. Doch auch die andere Sängerin
bekam die Gelegenheit mit Johnny ein Duett vorzutragen. Der Gig war tighter,
man merkte, dass die Musiker schon eine Zeitlang zusammenspielen. Auszeichnungen
wie „Best Saxophone Player Of The Year“ und „Best Group Of The Year“ für
Johnny Ferreira in Kanada sprechen da eine deutliche Sprache. Also ich
bin regelrecht froh, dass ich an diesem zweiten Tag noch einmal gekommen
bin: Ein hervorragendes Event!
Besonderen Dank an die Crew
vom Muddy’s Club (www.muddys-club.de),
besonders Willi Hauck, und den freundlichen, kooperativen Menschen am Einlass,
also ich hab ja schon einiges erlebt, aber solch einen netten Menschen
will ich mal besonders hervorheben.
PS: Im Nachgang habe ich euch
mal die Setlist von Lee Aarons Show und dahinter die Interpreten, die die
Songs bekannt gemacht haben (nicht die Komponisten) angefügt:
JAM BLUES
SLICK CHICK (Dinah Washington)
DOODLIN' (Sarah Vaughn)
I'D LOVE TO (Lee Aaron)
HANDCUFFED TO A FENCE IN MISSISSIPPI
(Jim White)
EVIL GAL BLUES (Dinah Washington)
DON'T MEAN A THING, IF YOU
AIN'T GOT THAT SWING (Nina Simone, Sarah Vaughn a.o)
MUSEUM (Donovan)
SUMMERTIME (Billie Holiday)
VINCE MAI SOLO FEATURE
LET'S BURN DOWN THE CORNFIELD
(Randy Newman)
TWISTED (Lambert/Hendricks/Ross)
MY BABY JUST CARES FOR ME
(Nina Simone)
PLACE TO BE (Nick Drake)
NOW OR NEVER (Billie Holiday)
WHY DON'T YOU DO RIGHT (Peggy
Lee)
WILD, WILD YOUNG MEN (Ruth
Brown)
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DO I MOVE YOU (Nina Simone)
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