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9. WITH FULL FORCE   05.-07.07.2002   Roitzschjora
von Raphael S.

Vom 5. bis 7. Juli 2002 versammelten sich (fast) alle Hard+Heavy Fans Deutschlands und auch einige aus anderen europäischen Ländern um 3 Tage und vor allem Nächte gute Bands zu sehen, zu feiern und einfach nur Spaß zu haben, das darf man selbst als noch so böser Metaller! Für mich war es das erste W.F.F. und ich war gespannt, was mich erwarten würde. Zuerst einmal eine kilometerlange Autoschlange in der ich über drei Stunden warten und den entfernten Klängen der Main-Stage lauschen durfte.
Als ich es dann doch noch geschafft hatte einen Park- und Zeltplatz (man durfte dieses Jahr neben dem Auto zelten) zu ergattern, mußte ich mich ganz schön beeilen um wenigsten noch ein paar Songs von SLAYER den Headlinern vom Freitag, zu hören. Der Streß hatte sich aber echt gelohnt! SLAYER, die seit 20 Jahren mit ihrer genialen Mischung aus Thrash-Metal und Punk genau den Geschmack der Fans treffen überzeugten mit einer absolut geilen Show! In legendärer Besetzung mit Araya, King, Hannemann und Schlagzeugwunder Dave Lombardo jagten sie die W.F.F.-Meute mit Speed-Metal durch zwei Jahrzehnte Bandgeschichte. Titel vom aktuellem Album "God Hates Us All" wurden vom Publikum genauso lautstark mitgegröhlt wie ältere Songs. Mit atemberaubenden Riffs, Hochgeschwindigkeitsdrums und einem Gesang, zu dem man wohl nichts mehr sagen braucht, zeigten SLAYER, warum sie den Ruf die beste LIVE-Band zu sein haben. Als die Thrash-Metal-Helden nach etlichen Zugaben die Bühne verließen, sah man in der Menge nur zufriedene Gesichter und konnte noch bis spät in die Nacht SLAYER-Rufe hören.
Danach zog es mich noch ins große Zelt zur Knüppelnacht, wo, wie der Name es sagt, geknüppelt wurde was die Saiten und Felle hergaben! BEHEMOTH, GRAVE, LOCK UP, MARDUK, KATAKLYSM und IMPALED NAZARENE hatten alle das gleiche Ziel: Sie wollten mit harten Riffs, hämmerndem Bass und gegrunzten vocals ihre Aggressionen brutal+live zelebrieren. Was ihnen auf jeden Fall gelang, denn nach den ersten zwei Bands wurde es mir dann langsam zu eintönig und ich kroch lieber in meinen Schlafsack, wo ich dann bei beruhigendem Death- und Black-Metal einschlief.

Am Samstagmorgen (gegen 8:00 Uhr!!!) wurde ich von wunderschönen auf Metal gemachten Weihnachtsliedern geweckt, was dann langsam zur Gewohnheit wurde. Da flüchtete ich lieber schnell zu den Essen-Buden zum Frühstück.
BAZZOOKA hatten die undankbare Aufgabe, die noch verschlafenen und verkaterten Massen aus den Zelten zu locken, was durch ihre Musik noch schwerer war. Durch solch langweiligen Crossover ohne jegliche Höhepunkte läßt sich ein Metaller nicht in seinem Schönheitsschlaf stören! Die Musiker an sich waren ja gar nicht so verkehrt, aber das was sie daraus machten, ließ den Platz vor der Mainstage ziemlich leer aussehen.
Das änderte sich im Laufe das Nachmittages aber durch HEAVEN SHALL BURN, HAEMORRHAGE, und bei PUNGENT STENCH wurde es dann langsam voll. Die Wiener lieferten genau die Show ab, die man von ihnen erwartet hatte. Martin, Alex und der neue Basser Marius kamen stilecht in Mönchskutten und mit großen Kreuzen (richtig rum!) auf die Bühne und spielten fast nur steinalte aber auf keinen Fall schlechte Songs der Marke "Extreme Deformity" oder "Viva la muerte" sowie ein Medley aus Titeln ihres Debütalbums "For God Your Soul For Me Your Flesh". PUNGENT STENCH spielten keines Falls auf technisch hohem Niveau, aber das verlangt ja auch niemand. Schließlich macht das ja auch einen Teil der Band aus.
Durch technische Pannen verzögerte sich der Auftritt von GRAVE DIGGER um eine viertel Stunde. Aber die Old School-Veteranen ließen es sich natürlich nicht nehmen ihr Programm bis zum Ende durchzuziehen. Die Totengräber kamen aber nur langsam in Fahrt und so wurde es erst gegen Ende erst richtig gut. Insgesamt konnte der einzige True-Metal-Act des W.F.F vor allem durch die enorme Ausstrahlung von Frontmann Chris, der wie ein kleines Kind über die Bühne rannte, aber doch seine Qualitäten beweisen.
SUBWAY TO SALLY waren voll der krasse Kontrast zu den anderen Bands des Tages. Doch mit solchen Situationen wissen die Potsdamer umzugehen. Unbeirrt spielten sie ihre zahlreichen Hits und eroberten sich dadurch zahlreiche neue Fans. Die Masse sang bei allen Songs mit und ließ sich dabei auch nicht von Frau Schmidts gewagtem Outfit irritieren. Unerwartetes gab's zwar nicht aber dafür geniale Stücke, wie "Mephisto", "Henkersbraut" oder "Veitstanz".
Bei KREATOR wurde es dann richtig eng vor der Bühne, obwohl die Band mit ihrem neuen Album bereits ausgiebig getourt ist. Richtig Stimmung kam aber erst auf, als Mille sich an der Stroh-Schlacht beteiligte und er der gegnerischen Front mitteilte, daß der Auftritt und vor allem das Strohballengewerfe auf die nächste DVD kommen würde. Die Fans zeigten sich bei allen Songs extrem textsicher und freuten sich über die durchweg gute Show der Essener.
Über OOMPH! kann ich nicht wirklich viel schreiben, weil ich mir den etwas unpassenden Gig der Electro-Metaller zwischen den Ur-Metallern Kreator und den Hard-Corelern von Agnostic Front nicht gegeben hab. AGNOSTIC FRONT gaben dann aber um so mehr Gas, was vom Publikum auch gewürdigt wurde. In voller Bühnenbreite gab es einen riesigen Moshpit und tausende Hände in der Luft. Die New York-Hard Core-Gang lieferten einen astreinen Gig ab und wurde dabei beim ersten Song "Gotta Go" von diversen befreundeten Bands und natürlich von der Masse unterstützt.
Kein Frontman ist mehr Kult als Lemmy und keine Band so spielfreudig wie MOTÖRHEAD! Sie rockten von der ersten bis zur letzten Sekunde was das Zeug hielt! Es gab kaum eine Verschnaufpause für die tobenden Fans! Die Jungs spielten ein Programm, das man eigentlich als Best Of-Album rausbringen könnte! Hauptsächlich waren Klassiker aber auch "Mittelalter-Nummern" wie "R.A.M.O.N.E.S." und nur wenige neue Titel zu hören. Lemmy war guter Laune und von den Fans sehr angetan, Phil lieferte eine saubere Gitarrenarbeit und Mikkey Dee war das gewohnte Tier am Schlagzeug. Alles in allem ein gelungener MOTÖRHEAD-Gig, den Lemmy nach den Zugaben "Overkill" und "Ace of spades" wie gewohnt mit einem Schluck Whiskey und einer Kippe beendete!

REVOLVER verstanden es etwas besser die Nachtmenschen am Sonntag aus dem Schlaf zu reißen. Bereits nach den ersten paar Liedern strömten mehr und mehr Leute vor die Hauptbühne. Die international besetzte Band belohnte die Frühaufsteher mit einer Mischung aus Hardcore, Stoner-Rock und Rock`n`Roll, die ordentlich Arsch trat! Ein echt cooler Gig, der von einer für die Zeit relativ großen Menge begrölt wurde!
Für die ausgefallenen Disharmonic Orchestra gab es würdigen Ersatz. Die deutschen Death-Metaller OBSCENITY sprangen kurzfristig ein und metzelten die Mittagsruhe nieder! Show-technisch gesehen war der Auftritt des Fünfers zwar nicht so gelungen aber musikalisch boten sie einiges. Allerfeinster Death-Metal mit absolut krassem "Gesang" und einem ordentlichen Gitarren- und Schlagzeuggewitter!
PRO PAIN war für mich eine der geilsten Bands des diesjährigen W.F.F.! Die Band aus Long Island machte ordentlich Druck: fetter Gitarrensound, knallharte Drums und aggressive Vocals. Die Jungs verstehen es noch ohne Effekte und irgendwelchen Firlefanz aber mit bester Spielqualität geile, wenn auch einfache Songs zu performen. Das kam beim Publikum auch gut an und es wurde gepogt, gestagedived getreu nach dem Motto: "Es lebe der Hard-Core, FUCK IT!"
Der paradoxerweise zweitkomischste Auftritt des W.F.F. war der von IMMORTAL. Es wirkte einfach albern, wie die Black Metaller gegen Nachmittag bei schönstem Wetter mit todernstem, unheimlich bösem Gesicht die Bühne eroberten. Das sahen andere auch so und bewarfen Meister Abbath und seine Jünger mit Stofftieren. Aber das nützte auch nix, darauf reagierten sie nur mit noch "Angst einflößenderen Blicken". Musikalisch kann man der Band aber nichts vorwerfen, sie lieferten absolut sauberen Black-Metal auf höchstem Niveau, aber leider ohne Abwechslung!
Bei J.B.O. wurde es dann aber richtig lustig! Sie brachten selbst das schwärzeste Herz zum ausgelassenen Lachen. Mit der wohl meisten Requisiten des ganzen Festivals und dem rosasten Rosa, das es gibt sorgten sie für Tränen in den Augen und Krämpfe im Zwerchfell! Der Höhepunkt der Show war wohl Hannes' Lemmy-Imitation, die auch der Stimme des Motörhead-Frontmannes sehr nahe kam. Mit "Verteidiger des wahren Blödsinns" verabschiedeten sich J.B.O. von den völlig fertigen Fans und einem gelungenen Auftritt!
IN EXTREMO ist ja bekanntlich zur Show-Band mutiert, was ja nicht unbedingt schlecht ist. Nichts ist dem Zufall überlassen, die Pyroshow passt genau zu den Songs, die Kostüme zum Hintergrund, es harmoniert einfach alles. Auch an den musikalischen Fähigkeiten der Mittelalter-Rocker gibt's nix auszusetzen. Obwohl die skurrilen Texte in die unmöglichsten Sprachen übersetzt sind sangen die Fans lauthals mit und wollten auch gar nicht mehr aufhören, als IN EXTREMO die Bühne verließen.
Von SUCH A SURGE und DROPKICK MURPHYS habe ich nicht viel mitbekommen, weil ich nach den Anstrengungen bei den anderen Bands erst einmal eine Pause brauchte. Aber bei MACHINE HEAD war ich natürlich wieder sofort fit! Was bei diesem genialen Gig ja auch kein Wunder ist. Rob Flynn war wohl der Poser Nummer eins des Festivals, ständig prostete er dem Publikum zu und schüttete Bier in die Menge. Aber das war nicht das einzige, was man zu sehen bzw. zu hören bekam. Die Band gab echt alles, von Anfang bis Ende war es ein durchweg abwechslungreiches Programm. Höhepunkt der Show war das zum ersten Mal auf einem Festival gespielte traurig-schöne "The burning red". Nach dem 70minütigen Auftritt ließ es sich Rob nicht nehmen den Fans noch einige Male zuzuprosten und sich und die Band feiern zu lassen!

Das 9. WITH FULL FORCE war mit über 22.000 Besuchern pro Tag nicht nur das erfolgreichste aller Zeiten, sondern musikalisch auch das abwechslungsreichste! Neben den üblichen kleinen Problemen mit Toiletten und Duschen und den sehr hohen Getränke- und Essenspreisen war es ein sehr gelungenes und gut organisiertes WITH FULL FORCE 2002!






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