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Poison, Cinderella, Winger, Faster Pussycat    24.05.2002    West Palm Beach, Florida, MARS Amphitheatre
von Alexander Tüx

Südflorida. 30 Grad im Schatten am 24. Mai. Wunderbares Wetter, wie geschaffen für ein außergewöhnliches Konzertereignis. Wie lange ist es wohl her, dass ein solches Line-up in unseren Gefilden live zu sehen war? Die jüngeren Leser dürften wohl kaum den Kindergarten hinter sich gelassen haben ...
Die älteren assoziieren im Zusammenhang mit Rockmusik in den Staaten wahrscheinlich immer noch L.A. bzw. Kalifornien; heutzutage allerdings spielt ALLES was Rang und Namen im Musicbiz hat - in Florida. Die Liste der diesjährigen Topacts, die in Florida auftraten oder noch auftreten werden übersteigt beinahe das Vorstellungsvermögen des geneigten Pop- und Rockfans, denn von Britney Spears und O-Town über Celine Dion und Alanis Morrisette bis hin zu den Rolling Stones (spielen im Oktober an 2 aufeinanderfolgenden Tagen in Riesenhallen in Ft. Lauderdale und Miami), Ozzy Osbourne und Slayer geben sich die Stars egal welcher speziellen Richtung in Florida buchstäblich die Klinke in die Hand.
Das MARS Amphitheatre in West Palm Beach (ca. 70 Meilen nördlich von Miami) ist eine wirklich tolle Location mit riesiger Bühne, ca. 8000 überdachten (!!!) Sitzplätzen und einer dahinter liegenden erhöhten Festivalwiese. Wie bei jeder Veranstaltung in den USA ist auch in diesem Falle alles bestens organisiert - auch im Hinblick auf die Sicherheit wird (natürlich) nichts dem Zufall überlassen. Die Gäste warten geduldig in langen Reihen und lassen eine recht umfangreiche Untersuchung über sich ergehen, lüften gar widerspruchslos die obligatorischen Baseball-Kappen - schließlich könnte man darunter eine Waffe versteckt halten. Amerika live im Zeichen des 11. September 2001.
Wie schon gesagt - alles ist bestens organisiert. Bereits 90 Minuten vor dem Beginn des Festivals können die Security-Leute am Eingang die Running-Order bekanntgeben. Keine Überraschung: Der Zeitplan stimmt 100%ig.
Um Punkt 18.00 Uhr entern FASTER PUSSYCAT die gewaltige Bühne. Den zu diesem Zeitpunkt noch spärlich versammelten Fans bereiten F.P. allerdings eine herbe Enttäuschung. Lustlos und offensichtlich von illegalen Substanzen benebelt schraddelt die Band ihre Songs herunter. Mit Mühe erkennt der geneigte Hörer eine Coverversion von Nancy Sinatras "These boots are made for walking" als Opener. Außer ihrem einzig nennenswerten Hit in Europa, "Bathroom wall" versinkt der Rest des Schmusekatzen-Auftritts in einem eher unangenehmen Soundbrei. Einzig erwähnenswert zu dieser Darbietung ist, dass die Band komplett in Nazi-Outfit-angelehnten Uniformen auftritt, was die Amis möglicherweise cool finden, für einen Deutschen aber nur noch peinlich wirkt. Mit der einzigen "Ansage" "We‘re FASTER PUSSYCAT" verlässt eine völlig neben sich stehende ex-Legende nach exakt (natürlich) 30 Minuten die Festivalbühne.
Was dann nach einer recht kurzen Umbaupause folgt ist von völlig anderem Kaliber: WINGER, CINDERELLA und POISON bieten atemberaubende Auftritte und überzeugen auf der ganzen Linie.
Aber der Reihe nach: Es ist 18.50 Uhr und eine sichtlich gut aufgelegte WINGER-Mannschaft, angeführt von Namensgeber und Mainman Kip stürmt die Bühne. Sofort strömt das mittlerweile bereits zahlreichere Publikum auf die Plätze. Immer wieder angeheizt von Kip Winger, setzt schnell gute Stimmung im Publikum ein. WINGER geben in den folgenden 45 Minuten u.a. "Down incognito", "Rainbow in the rose", "Can‘t get enough" vom superben "In the heart of the young"-Album, sowie einige ältere Songs wie "Seventeen" oder "Madaleine" zum Besten. Bei "Miles away" rastet das amerikanische Publikum zum ersten Mal an diesem Abend völlig aus. Einziger Kritikpunkt: "DEN" Winger-Song, "Easy come, easy go" lassen die Helden aus. Schade.
CINDERELLA starten um 19.55 Uhr mit "Save me" und sofort steht das ganze Publikum hinter den Mannen von Tom Keifer. Die allmählich einsetzende Dunkelheit macht die beindruckende Lightshow endlich sichtbarer und CINDERELLA legen mit "Night Songs" und "Last mile" gleich ordentlich nach. "Nobody‘s fool" und "Don´t know what you got (til its gone)" folgen, bei letzterem Song fällt Schnee auf der Bühne (falscher natürlich, wir sind ja in Florida!) und Meister Keifer spielt das extra auf die Bühne gerollte Piano. Bei diesem Song kommen übrigens 2 riesenhafte Backdrops zum Einsatz, nämlich das "normale" mit einem überdimensionalen grünen Logo und ein weiteres, bei dem die Buchstaben aus Teilen der US-Flagge bestehen. Weiter geht´s mit "Shelter", "Shake me", "Falling apart at the seams" und "Long cold winter". Ein Hit jagt also den anderen und das Volk, ca. 15.000 Nasen an der Zahl, honoriert den überragenden Auftritt mit Standing Ovations. Mit ihrem Über-Hit "Gypsy Road" verabschieden sich CINDERELLA, begleitet von einer beachtlichen Anzahl wunderschöner Pyros nach einer - viel zu kurzen - Stunde. Daumen hoch für CINDERELLA, und auf baldiges Wiedersehen!
Poison
Eine längere Umbaupause - die Bühne wird KOMPLETT neu gestaltet, u.a. mit 4 (!!!) Ebenen ausgestattet - verspricht große Taten. Um 21.30 Uhr geht das Licht aus und die Stimme von POISON-Sänger Bret Michaels begrüßt die Anwesenden vom Band. Unter Donnerknall eröffnen die Headliner schließlich ihren Set mit "Look what the cat dragged in". Das zwar nicht ausverkaufte, jedoch sehr gut gefüllte Amphitheatre steht jetzt kollektiv kopf und feiert, was das Zeug hält. POISON genießen offensichtlich diese Atmosphäre und laufen zur Höchstform auf: "Talk dirty to me", "I want action", "Ride the wind" und "Fallen angel" stacheln die Fans zu orkanartigen Beifallsstürmen auf, bevor POISON für kurze Zeit den Gang rausnehmen. Bret Michaels, der übrigens sehr, sehr sympathisch rüberkommt, widmet "Something to believe in" den Opfern des 11.9. und deren Familien. Das mag für Außenstehende populistisch wirken, in den USA kommt eine solche Geste aber hervorragend an und ist von der Band bestimmt auch ehrlich gemeint. Balladesk geht‘s auch gleich weiter als POISON ihren Megahit "Every rose has its thorn" anstimmen, immerhin einst eine Nummer 1 in den Billboard-Charts. Dann aber lassen‘s Michaels & Co. wieder krachen, mit "Your mama don‘t dance", dem KISS-Cover "Rock‘n‘Roll all nite" und der neuen Single "Squeeze Box", einem WHO-Cover, bringen POISON das Publikum zurück auf Party-Niveau und lassen einen eher schwächeren Ausflug des Gitarristen C.C. Deville vergessen, der mit einem lauen Gitarrensolo und einem undefinierbaren, von ihm gesungenen Song, die Stimmung zuvor etwas abflachen ließ. Mit "Unskinny Bop" und "Nothing but a good time" beschliessen POISON ein großes Konzert, das die rund 15.000 Besucher ihr Eintrittsgeld sicherlich nicht bereuen ließ. Geboten wurde schließlich beste Unterhaltung, neben den 3 Knaller-Bands wurde durch den Bühnenaufbau, mehrere wechselnde Backdrops, einer tollen Lightshow und mächtig vielen Pyroeffekten auch fürs Auge richtig viel geboten. Und das bei einem fairen Eintrittspreis von ca. 25 US$. Einzig die Preise für Essen, Getränke und Merchandise-Artikel konnte die Freude über 3 derart tolle Bands ein bisschen trüben. Aber nur ein bisschen.
 






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