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Saviour Machine (Owener Rocknacht)
23.03.2002 Owen, Teckhalle
von
tk
In diesem Jahr galt im Grunde
dieselbe Regel, wie wir sie im vergangenen Jahr haben aufstellen müssen:
Für Traditionalisten der Rockmusik war so gut wie kein interessanter
Act in Owen am Start; allenfalls konnte man die Electrics noch in diese
Ecke einsortieren, wenngleich man deren Set schon im Schlaf herunterbeten
konnte – bei der massiven Livepräsenz, die die Schotten in deutschen
Landen seit etlichen Jahren zeigen.
Eine erfreuliche Feststellung
konnten Dirk und ich dennoch treffen: Zum einen tummelten sich in diesem
Jahr doch mehr Gothics und Metaller der säkularen Szene in Owen (wohlweislich
alle auf Saviour Machine fixiert), zum anderen waren die Kollegen der schreibenden
Zunft in erfreulicher Anzahl vertreten. So vertrieben wir uns den Nachmittag
und den Abend mehr oder weniger mit Pizzaessen, durstlöschenden Getränken,
netten Gesprächen am Stand von Matthias Mittelstädt und anderswo.
Viel interessanter war da schon eine Plattenkiste nahe des Getränkestandes,
deren Inhalt unsere Herzen höher schlagen ließ. Wo bekommt man
Stryper-Promo-LPs, alte Jerusalem-Klassiker und die erste Bon Jovi-LP noch
für ’nen Appel und ‘n Ei? Hier hieß die Devise: zuschlagen,
bevor Markus Brettinger kommt und alles einsackt :-)
Lange, sehr lange mußten
wir auf Saviour Machine warten. Gegen 22.45 Uhr begann der Umbau der Bühne,
die von einer Minute zur anderen einem Bienenstock glich. Schon in den
Vorankündigungen wurde darauf hingewiesen, daß es die längste
und aufwendigste Show werden würde, die Saviour Machine je spielen
werden. Ferner sollte es eine Aufzeichnung geben (Live in Deutschland Part
II), die als DVD erscheinen wird.
Ketten wurden mit akribischer
Sorgfalt über der Bühne aufgehangen, reichlich Kerzenständer
verteilt, Flaggen positioniert, der Kelch mit symbolischem Blut zentral
in der vorderen Bühnenmitte aufgestellt, die Plätze für
das Ensemble Cantabile und das Streicherquartett links und rechts neben
dem Drumkit hergerichtet. Selten habe ich einen Bühnenumbau mit solch
knisternder Spannung erlebt, hier bahnte sich förmlich was Außergewöhnliches
an.
Der Gig sollte in drei Teile
aufgesplittet werden: 1. Legend I/II ohne Ensemble; 2. Legend III:I mit
Ensemble; 3. SM 1+2 mit Ensemble.
Gegen halb zwölf startete
das dreieinhalbstündige Spektakel, das ohne Zweifel in die Annalen
der Rockgeschichte eingehen dürfte. Zwar gab es durch die Videoaufzeichnung
immer wieder kleinere Unterbrechungen, in denen die rund 2000 Zahlenden
Zeuge sein durften, daß Eric Clayton der Perfektionist schlechthin
ist – allerdings war sein Humor an gleicher Stelle mindestens genauso wertvoll.
Auch in Owen waren Kalle und Thomas wieder als feste Bandmitglieder dabei
und man muß den beiden wirklich ein Kompliment machen, daß
sie diese lange Strecke auf diesem hohen Niveau durchgehalten haben. Der
Sound war – wie in Owen eigentlich immer - exzellent, die Instrumente gut
aufeinander abgestimmt, so daß es hier gar nichts auszusetzen gab.
Die Songauswahl war so gestaltet, daß im ersten Teil hauptsächlich
die dramatischen Parts von Legend I und II zum Zuge kamen, während
im zweiten Teil, unterstützt von Chor und Streichern, die melodischeren
Elemente folgten. Hervorzuheben wäre in diesem Abschnitt das ruhigere
„The Ancient Serpent“, der Doom-Kracher „The Locusts“ und das pathetische
„The End Of The Age“. Als Schmankerl gab es ein Instrumental zu hören,
in dem sich Kalle besonders in Szene setzen konnte. Erstaunlich, wie dieser
junge Schwede, der ja sonst eher halsbrecherische Soli fabriziert, sein
Gitarrenspiel variierte, hin und wieder auch die Akustik-Klampfe quälte
und so die Atmosphäre des Abends entscheidend mitprägte.
Neu im Programm waren auch
Pyroeffekte, die aber keineswegs kitschig wirkten, sondern dezent und gut
plaziert zum Einsatz kamen.
Nach einem beeindruckenden
Legend-Programm wollte uns Eric aber keinesfalls schon nach Hause schicken,
sondern beglückte uns im dritten Teil der Show mit alten Klassikern
wie „Love Never Dies“, „American Babylon“, „Saviour Machine II“ und natürlich
„Jesus Christ“, welches die schon im Halbschlaf Wandelnden noch mal wachgerüttelt
haben dürfte. Durch die Unterstützung der Chorsänger/innen
und der Streicher bekamen die alten Gassenhauer ein besondere Note und
es zeigte sich einmal mehr, warum klassische Elemente und härtere
Progressivmucke so gut miteinander harmonieren. Ich für meinen Teil
hätte diesen Gig auch noch zwei Stunden länger durchgehalten,
muß aber gestehen, daß ich nach dreieinhalb Stunden Saviour
Machine mehr als voll bedient war.
Diese Nacht mit Saviour Machine
wird noch lange für Gesprächsstoff sorgen und ich bin mir sicher,
daß die Live-DVD, sobald sie erhältlich ist, wie warme Semmeln
über den Ladentisch gehen wird.
Dem Veranstalter hätte
ich allerdings geraten, ein paar Bands weniger einzuladen, zumal von der
Musik her wenig Attraktives und Innovatives vertreten war, dann hätten
SM früher beginnen können und auch alle Besucher die Möglichkeit
gehabt, bis zum Schluß zu bleiben. Aber das nur am Rande.
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