One Accord 16.09.2001 Geithain, St. Nikolai von rls So richtig von der Sitzgelegenheit
gerissen hatte mich die neue One Accord-Tonkonserve "bang
bang bang" zugegebenermaßen nicht, trotzdem nahm ich die Gelegenheit,
mir die Truppe mal livehaftig anzuschauen, gerne wahr und wurde in keinster
Weise enttäuscht. Dabei ist der Terminus "live" im Falle von One Accord
nur zu einem sehr geringen Teil auf die Musik zu beziehen (was bei alten
Konservenskeptikern wie mir grundsätzlich erstmal Stirnrunzeln verursacht),
denn bis auf einige Keyboards und sehr seltene Akustikgitarren kam die
komplette Instrumentierung vom Band, und auch einige der Chorgesänge
hatte man ohrenscheinlich vom Band her verstärkt. Anhand dieser Beschreibung
kann man den musikalischen Stil von One Accord ungefähr erahnen: moderne
chartstaugliche Musik zwischen Pop und Dancefloor, kombiniert mit einem
klassischen Jugendchor samt einiger Solisten. Das hört sich erstmal
unauffällig an, ist aber im christlichen Sektor gar nicht mal so häufig
zu finden und geht damit schon fast als neuartig durch. Wundersamerweise
bekamen die Songs live eine derartige Blutauffrischung verpaßt, daß
ich mich frage, warum diese Frische auf der CD nur ansatzweise konserviert
werden konnte. Egal: Um kurz vor 20 Uhr dröhnte der Titeltrack "bang
bang bang" in hoher, aber nicht unangenehmer Lautstärke aus den Boxen,
schraubte sich mit seinem gleichförmigen technoziden Bassdrum-Rhythmus
unaufhaltsam nach vorn und nahm das Publikum sofort für One Accord
ein. Die gute Stimmung bei den Mitwirkenden auf der Bühne übertrug
sich nahtlos auf die Menschen vor der Bühne und ließ auch so
schnell nicht nach. Das Besondere an One Accord ist, daß der Chor
und auch die Solisten keine festen Projektmitglieder sind, sondern sich
Chefdenker Danny Plett für jede Tour ein neues Ensemble zusammensucht,
dessen Mitglieder außer aus deutschen Landen auch aus der Schweiz,
Holland oder außereuropäischen Gebieten kommen. Der Qualität
der musikalischen und auch tänzerischen Darbietung an diesem Abend
tat diese "Zusammenwürfelung" jedoch nahezu keinen Abbruch, wenn man
von leichten Asynchronitäten sowohl im Gesang als auch bei den insgesamt
sehr routiniert, aber nicht dienstlich-starr wirkenden Tanzpassagen absah.
Insgesamt machten One Accord trotz ihres Projektcharakters so den Eindruck
eines auf professionelle Füße gestellten Ten Sing-Chores. Wechselnde
Solosänger versahen einzelne Songs mit besonderem Kolorit, und außer
in den Lyrics brachte man die frohe Botschaft auch in den Ansagen sowie
einigen predigtartigen Teilen dem Auditorium näher, wobei die Zentralpredigt
eindeutig zu lang war, denn sie ließ die Stimmung im Publikum rapide
absacken. Mir persönlich gefiel der insgesamt über zweistündige
Gig am besten, wenn er sich seinen Extremen näherte. Das waren zum
einen das brachiale "Shake It Up!" - auch wenn die eingesampelten Gitarren
hier noch mehr Druck hätten machen dürfen, so ist dieses Stück
Musik mit seiner Mischung aus den angesprochenen Chören, monotonen
Stakkatoriffs, dem ekstatischen Chorusgipfel "I believe in Jesus Christ!"
und EBM-Beats doch richtungsweisend für die Zukunft christlichen Jugendmusikschaffens
abseits der 254. Wiederkäuung von frühem NGL-Liedgut -, zum anderen
die bisweilen stark psalmodierenden Balladen, die größtenteils
aus Danny Pletts Soloschaffen stammten und nicht nur für die eine
oder andere Träne oder diverse wohlige Schauer über den Rücken
gut waren. Hervorgehoben werden muß auch die sehr stimmungsvolle
und gut auf die Musik abgestimmte Lichtarbeit, welche diesen Gig in hochwichtiger
Weise abrundete. Und wenn Viktoria mir nach dem sechsten oder siebenten
Song ins Ohr haucht, One Accord seien "richtig gut", dann duldet das trotz
des einen oder anderen schwächeren Tracks keinen prinzipiellen Widerspruch.
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